Satellitenempfang Teil 9/11
Aus ELVjournal
01/2006
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Wenn
am Eingang eines Satellitenreceivers ein Signal zwischen 42 und 65 dBμV
anliegt, ist die Welt pegelmäßig in Ordnung. Das lässt sich meistens
mit einem Multischalter ohne zusätzlichen Verstärker bewerkstelligen. In
Einzelfällen kann aber der Einsatz eines Verstärkers erforderlich
werden. Dabei muss man sich allerdings bewusst sein, dass Verstärker den
Signalpegel nicht nur anheben, sondern das verstärkte Signal mehr oder
weniger stark verfälschen. Dafür sind die nicht idealen Eigenschaften
der aktiven Verstärkerelemente verantwortlich, denen wir uns im
Folgenden widmen wollen.Nicht ohne Not!
Meist
ist der Pegel der 1. Sat-ZF am Ausgang des LNBs (ca. 75 dBμV) für
kleine bis mittelgroße Empfangsanlagen ausreichend hoch, um ein
Verteilnetz bis zum Teilnehmer ohne zusätzliche Verstärkung realisieren
zu können. Bei einem wünschenswerten Pegel an der Teilnehmersteckdose
von ca. 42 bis 65 dBμV steht dann gut 30 dB Pegelreserve zur Verfügung,
die von den passiven Komponenten des Verteilsystems aufgezehrt werden
darf. In den allermeisten Fällen lässt sich die Ursache eines zu
niedrigen Empfangspegels So funktioniert´s in einem fehlerhaften Aufbau
der Anlage finden. Es kommen in Frage: ungenau ausgerichtete Antenne,
falsch montierte F-Stecker, zu stark dämpfendes Kabel (20 bis 30 dB @
1000 bis 2000 MHz pro 100 m Leitungslänge ist ein guter Mittelwert),
ungeschickte (zu lange) Leitungsführung, falsche Dosen (z. B.
Abzweigdose anstelle von Stichdose) usw. Wenn all dies aber einer
Überprüfung standhält, ist ein Verstärker erforderlich. In ausgedehnten
Verteilnetzen für viele Teilnehmer, mit langen Kabelwegen, Verzweigungen
und Durchschleifungen, kann die Notwendigkeit entstehen, einen
abgefallenen Pegel wieder anzuheben oder am Eingang längere
Kabelstrecken so weit anzuheben, dass am anderen Ende ein ausreichend
starkes Signal zur Verfügung steht. Aber Vorsicht: Verstärker fügen dem
Signal unerwünschte Anteile wie Rauschen, Klirren, Intermodulationen,
Verzerrungen etc. hinzu, die speziell bei digitalem Empfang zur
Verringerung der Schlechtwetterreserven und zu „unerklärlichen“
Empfangsausfällen führen.
Mehr Programme – weniger Pegel!
Eine
der wichtigsten Kenngrößen eines Verstärkers sind sein maximaler Ein-
und Ausgangspegel. Immer noch geben viele Hersteller den maximalen
Ausgangspegel bei Aussteuerung mit 3 Kanälen im Nutzband an. Das war zu
Zeiten eines mit wenigen Kanälen belegten VHF/UHFBandes zu
rechtfertigen. Heute jedoch, wo die 1. Sat-ZF lückenlos gefüllt ist,
muss dem durch eine Verringerung sowohl des maximalen Eingangs- als auch
Ausgangspegels Rechnung getragen werden. Andernfalls entstehen
Intermodulationsprodukte (auf die wir gleich eingehen), welche die
Signalqualität beeinträchtigen. Ganz ähnlich verhält es sich beim Tuner
des Satellitenreceivers. Auch er besitzt eine breitbandige
Eingangsverstärkerstufe, die mit zunehmender Zahl der Träger im
ansteuernden Spektrum immer schwächer ausgesteuert werden darf. Die
Pegelreduktion kann in der Praxis durch Formel 1 beschrieben werden:
Dabei
ist pn der Maximalpegel bei Aussteuerung mit n Trägern und pmax der
Pegel mit 3 Trägern (meist Herstellerangabe). Nimmt man beispielsweise
eine Anzahl von n = 32 Trägern in der 1. Sat-ZF an, und setzt pmax = 75
dBμV an, ergibt sich Formel 2:
Zur überschlägigen Abschätzung leistet die Faustformel „Verdopplung der Trägeranzahl = 3 dB Pegelreduzierung“
gute Dienste. Dies entspricht durchaus den praktischen Beobachtungen.
Bei Pegeln <65 dBμV gibt es normalerweise keine Probleme durch
Übersteuerung des Receivers. Dagegen reagieren manche Receiver bei
höheren Pegeln mit Intermodulationen, besonders wenn die Pegel in der 1.
Sat-ZF stark schwanken (durch Welligkeit des Amplitudenfrequenzgangs
und/oder Schräglage des Spektrums). Will man also auf „Nummer Sicher“
gehen, empfiehlt es sich deshalb, anstatt der in Norm EN 50083
vorgesehenen oberen Pegelgrenze von 77 dBμV nur maximal 65 dBμV am
Ausgang der Antennensteckdose einzuplanen. Soweit – so schlecht! Aber
die Praxis hält auch Trost bereit. Es zeigt sich nämlich, dass der in
der Norm geforderte Mindestpegel von 47 dBμV für die modernen
Satellitenreceiver zu hoch angesetzt ist. Die meisten Receiver mit ihrer
hohen Empfindlichkeit liefern selbst bei 40 dBμV noch ein einwandfreies
Ergebnis.
Fazit: In der Praxis sollte man für den Nutzpegel am Receivereingang eine Spanne von 42 bis 65 dBμV ansetzen.
Rauschen
Rauschen
ist des Nachrichtentechnikers natürlicher Feind. Rauschen ist
prinzipiell unvermeidbar, weil es auf die Wärmebewegung von Elektronen
in elektrischen Leitern zurückgeht. Es gibt aber auch andere
Rauschquellen, wie das thermische Rauschen, das von der warmen Erde
abgegeben und teilweise von der Antenne aufgenommen wird. Uns
interessiert hier nur das thermische Rauschen in den aktiven Komponenten
der Sat-Anlage. Es ist abhängig von der Messbandbreite und der
Temperatur. Die am Eingang wirksame Rauschleistung ergibt sich aus der
Rauschleistung eines Widerstandes mit 4 kTB, von der bei
Leistungsanpassung ein Viertel verfügbar ist:
Bei
einer Temperatur von 20 °C (273,15 K + 20 K = 293,15 K) und einer
Bandbreite von 1 Hz folgt daraus eine thermische Rauschleistung gemäß
Formel 4: Der daraus resultierende Rauschleistungspegel ergibt sich aus Formel 5:
Der
thermische Rauschleistungspegel an einem Empfängereingang ist somit
-174 dBm pro Hertz Bandbreite. Er hängt nicht von der Größe des
Eingangswiderstands ab, wohl aber von der Bandbreite, was in der
logarithmischen Pegeldarstellung der Bandbreitenfaktor b berücksichtigt
(Formel 6):
Ein
Beispiel: Die Eingangsstufe eines Tuners in einem Satellitenreceiver
hat eine Bandbreite von 1200 MHz. Der Bandbreitenfaktor beträgt folglich
90,8 dBm (Formel 7):
|
Bild 1: Verstärkerrauschen |
Die
vom Receiver über seine breitbandige Eingangsstufe aufgenommene
Rauschleistung beträgt also -83,2 dBm. Wir wollen das etwas vertiefen,
indem wir einen Verstärker betrachten, der gekennzeichnet ist durch
seine Verstärkung v (Verhältnis von Ausgangs- zu Eingangssignal) und dem
Zusatzrauschen Nz, das er dem verstärkten Eingangssignal hinzufügt
(Abbildung 1).
Das
Rauschmaß NF (noise figure) dieses Verstärkers ist definiert als das
mit 10 multiplizierte logarithmierte Verhältnis von Eingangsstörabstand
zu Ausgangsstörabstand (Formel 8):
Das Argument des Logarithmus wird in Formel 9 als Rauschzahl F (lineare Größe!) bezeichnet:
Den zweiten Term nennt man Zusatzrauschzahl Fz (Formel 10):
Es gilt also die Formel 11: Man
erkennt an der Formel, dass für den Idealfall eines rauschfreien
Verstärkers (Nz = 0) das Rauschmaß den Wert 0 annimmt. Für Nin wählt man
meist die kleinste nicht unterschreitbare Leistung bei Raumtemperatur,
wie sie oben ermittelt wurde. Stellt man die Beziehung für das Rauschmaß
(Formel 11) nach Nz um, ergibt sich: Nun
kann man für die Daten eines typischen Sat-ZF-Verstärkers mit NF = 5 dB
und v = 40 (entsprechend 16 dB Leistungsverstärkung) für die Bandbreite
eines Sat-Kanals einsetzen und erhält Formel 13: Wenn
man sich vergegenwärtigt, dass ein typischer LNB mit 80 dBμV
Ausgangspegel (-28,75 dBm) und einem Signal-Rausch- Verhältnis von 15 dB
bezogen auf eine Bandbreite von 30 MHz mit -43,75 dBm (42,17 nW)
rauscht, wird deutlich, dass die vom Verstärker hinzugefügten 0,0105 nW
getrost vernachlässigt werden können. Die gleiche Erkenntnis kann man
aus der so genannten Friisschen Formel für die Gesamtzusatzrauschzahl
einer Kettenschaltung aus n rauschenden Vierpolen gewinnen (Formel 14):
Ist
dem LNB ein Verstärker nachgeschaltet, endet die Formel nach dem ersten
Bruch. Das Zusatzrauschen des Verstärkers geht nur geteilt durch die
hohe Verstärkung des LNBs (v1) in die Gesamtzusatzrauschzahl der
Anordnung ein und spielt praktisch keine Rolle. Deshalb kann man auch
das Rauschen der Eingangsstufe des Satellitentuners vernachlässigen.
Dies ist der Grund, warum in einer Satellitenanlage das Rauschmaß des
LNBs die absolut dominierende Rolle spielt. Hinweis: Wenn ein Verstärker
in die Zuleitung von einem Multischalterausgang zur Teilnehmerdose
eingeschleift wird (Inline-Verstärker), muss dieser in Rückwärtsrichtung
die Gleichspannung und die 22-kHz-Signalisierungsfrequenzen führen.
Nichtlinearitäten
Der
ideale Verstärker hat eine lineare Kennlinie, d. h. die
Ausgangsspannung sieht genauso aus wie die Eingangsspannung, nur eben
verstärkt. In der Praxis sind Verstärkerkennlinien aber keine Geraden,
sondern haben in der mathematischen Darstellung neben dem linearen Term
noch Terme höherer Ordnung. Die allgemeine Form der Kennliniengleichung
ist in Formel 15 zu sehen:
|
Bild 2: Störprodukte durch nichtlineare Kennlinien |
In
Abbildung 2 ist a = 10 (Verstärkung), b = -2 und c = 2,5. Terme höherer
Ordnung wer den vernachlässigt. Die nichtlineare Kenn linie setzt sich
also aus einem linea ren, einem quadratischen und einem kubi schen Term
zusammen. Die beiden Letzt genannten sind für die so genannten CSO- und
CTBStörprodukte bei Vielträ ger ansteuerung zuständig (CSO: Composite
Second Order, CTB: Composite Triple Beat). Man erkennt, dass mit
zunehmender Aussteuerung, d. h. größerer Amplitude des Eingangssignals,
die Störprodukte anwachsen und zwar quad ratisch bzw. kubisch, wodurch
sich ein 1-2-3-dB-Zusammenhang für Eingangssignal, CSO- und
CTB-Störprodukte ergibt. Das heißt, für 1 dB mehr Eingangspegel nehmen
die Störungen zweiter Ordnung (CSO) um 2 dB und die Störungen 3. Ordnung
um 3 dB zu. Daraus folgen die „CSO-Faustregel: Bei einer Erhöhung des
Eingangspegels um 1 dB steigt der CSO-Pegel um 2 dB, der CSOStörabstand
nimmt also um 1 dB ab“ und die „CTB-Faustregel: Bei einer Erhöhung des
Eingangspegels um 1 dB steigt der CTB-Pegel um 3 dB, der CTB-Störabstand
nimmt also um 2 dB ab“. Richtig kompliziert wird es, wenn nicht nur ein
Träger, sondern mehrere einen solchen realen Verstärker durchlaufen. Am
Beispiel des quadratischen Terms der Kennliniengleichung kann man
sehen, wie komplex der Term zweiter Ordnung bereits bei zwei Frequenzen
im Eingangssignal wird (Formel 16):
Hier
entstehen also Schwingungen mit der doppelten Frequenz der
Eingangsschwingungen sowie mit deren Summenund Differenzfrequenz und ein
Gleichanteil. Noch schlimmer wird es bei den Inter
modulationsprodukten, die durch den Kennlinienterm 3. Ordnung
hervorgerufen werden (Formel 17):
Man
kann sich gut vorstellen, wie unübersichtlich die Angelegenheit bei 3
und mehr Trägerfrequenzen wird. Hier ist man mit analytischen
Berechnungsmethoden am Ende und auf Vielträgermessanordnungen
angewiesen. Ohne auf die Messvorschriften des Intermodulationsabstandes
nach DIN für IMA 2 und IMA 3 (Intermodulationsabstand 2. und 3.
Ordnung), EN 50083 Teil 3 und CENELEC für CSO und CTB genauer
einzugehen, kann man doch einige zusammenfassende Aussagen treffen. Die
klassischen Messverfahren benutzen zwei oder drei Träger. Werden jedoch
sehr viel mehr Träger übertragen, können auf eine einzelne Frequenz
tausende von Störprodukten entfallen. Wegen dieser Häufung spricht man
von den Composite-Störungen CSO und CTB. Es ist daher sinnvoll, den
Verstärker auch unter diesen realistischen Bedingungen zu messen. Viele
Hersteller geben immer noch die alten Werte an, die zahlenmäßig ja
besser aussehen. Deshalb sollte man den Pegelangaben nur trauen, wenn
man das zugrunde liegende Messverfahren kennt.
|
Bild 3: Ermittlung des Pegelabstands zwischen dem Bildträger und dem größten Störhaufen |
Um
eine Aussage über die Störung eines bestimmten Kanals treffen zu
können, muss der Pegelabstand zwischen dem Bildträger und dem größten
Störhaufen innerhalb der Kanalbandbreite ermittelt werden (Abbildung 3).
Umfang und Verteilung der Störprodukte hängen von den
Intermodulationseigenschaften des Verstärkers und der Frequenzlage der
Träger ab. Für die Vergleichbarkeit von Verstärkerdaten wird meist das
42-Kanal- CENELEC-Raster (Committee for Elect rotechnical
Standardization) verwendet. Auch die restlose Belegung des Bandes mit
Trägern im Kanalraster ist sinnvoll und wird in den USA praktiziert. Die
Messmethoden wurden eigentlich für Verstärker im Frequenzbereich bis
860 MHz entwickelt, lassen sich aber natürlich auch auf den
Sat-ZF-Bereich übertragen. Fazit: Verstärker auf keinen Fall zu
stark aussteuern, weil dies zu komplexen gegenseitigen Beeinflussungen
der Eingangssignale untereinander führt.
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Bild
4: Dieser Bolide mit 8 Sat-ZFVerstärkerzügen mit einer Bandbreite von
950 bis 2400 MHz und einem aktiven Zweig von 85 bis 860 MHz ist zudem
noch rückkanalfähig. Wenn über seinen terrestrischen Eingang eine
Verbindung zu einem interaktiven BK-Netz hergestellt wird, kann jeder
Teilnehmer dieses neben den 11,6 GHz Sat-ZF-Bandbreite auch mit allen
interaktiven Diensten nutzen (Telefonie, Internet, Video on Demand
usw.). Er wird zwischen LNBs und dem ersten Multischalter eingefügt.
Quelle WISI |
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Bild
5: Der Sat-ZF-Verstärker wird in Leitungen mit hoher Dämpfung zwischen
Multischalter und Teilnehmer eingefügt. Die Speisung kommt vom Receiver
und die Steuersignale werden in Rückwärtsrichtung an den Multischalter
weitergeleitet. Quelle Polytron |
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