Bluetooth – Grundlagen, Techniken und Aussichten
Aus ELVjournal
02/2006
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Bereits
im „ELVjournal“ 3/2003 erklärte ein Artikel die Grundlagen des
Kurzstreckenfunks Bluetooth. In den letzten drei Jahren hat sich die
zugrunde liegende Technik weiterentwickelt und eine Vielzahl neuer
Produkte steht bereit. Während 2002 noch etwa 30 Millionen Geräte mit
Bluetooth abgesetzt wurden, kündigt die Vorher sage für 2006 schon über
500 Millionen Geräte an. Immer mehr Produkte mit dem vor über einem Jahr
verabschiedeten Standard 2.0 zeigen sich auf dem Markt. Die Steigerung
der Geschwindigkeit auf 3 MBit/s brutto schafft ausreichend Bandbreite,
damit beim kabellosen Telefonieren und drahtlosen Surfen die Maus nicht
ruckt.Was ist Bluetooth?
Der
Kurzstreckenfunk Bluetooth lässt elektronische Geräte mittels einer
einheitlichen Schnittstelle Daten austauschen. Damit entfallen nicht
standardisierte Lösungen. Probleme mit dem Datenaustausch von Geräten
mit proprietären Schnittstellen und ebensolcher Software sind bekannt;
solche Geräte funktionieren kaum weltweit und erfordern oft teure
Spezialsoftware der Hersteller. Eine neue Generation von Geräten mit
Bluetooth hat der babylonischen Sprachverwirrung zumindest teilweise ein
Ende gesetzt. Bereits 1998 wurde der Standard Bluetooth von den Firmen
Ericsson, Nokia, Toshiba, IBM und Intel ins Leben gerufen, und jede
beteiligte Firma brachte ihr Know-how aus ihrem jeweiligen Bereich ein.
Weitreichende Kenntnisse aus den Bereichen Funkübertragung, Mobile
Computing und Chipfertigung wurden zusammengeführt. Mittlerweile sind
über 3000 Firmen aus allen Bereichen der so genannten SIG (Special
Interest Group) beigetreten. Ziel der Bemühungen ist es, eine
universelle, kostengünstige und für Endbenutzer leicht zu bedienende
Schnittstellentechnologie zu entwickeln, mit der sich kleine, drahtlose
Netze in den Bereichen Home, Home Office und Small Office aufbauen
lassen. Die von den Bluetooth-Geräten angebotenen Daten- und
Sprachdienste konfigurieren sich weitgehend automatisch. Mobile
Endgeräte vernetzen sich in aller Regel ohne Probleme miteinander und
tauschen Daten aus. Die Teilnehmer melden sich im laufenden Betrieb an
und ab, ähnlich dem Hot-Plug-Mechanismus von USB.Netzwerke
|
Bild 1: Topologie vernetzter Bluetooth-Geräte |
Die
Hardware ist derzeit kaum größer als ein 50-Cent-Stück und funkt im
weltweit nicht lizenzierten Industrial-, Scientificund Medical-Band
(ISM-Band: 2,4 GHz). Bis zu acht Geräte kommunizieren direkt in einem so
genannten Piconetz miteinander, die einzelnen Teilnehmer können auch
zeitgleich Mitglieder mehrerer Piconetze sein. Ein Gerät erklärt sich
als Master in einem Piconetz, während die übrigen Slaves sind. Dabei
darf ein Gerät auch Master eines Piconetzes und Slave eines anderen
Piconetzes sein. Der Zusammenschluss mehrerer Piconetze wird Scatter-Net
genannt. Die Abbildung 1 verdeutlicht dabei die Netzwerktopologie von
Bluetooth.Sicher ist sicher
Mehr
als 281 Billionen verschiedene Geräteadressen (48 Bit) lässt der
Adressraum von Bluetooth zu. Dadurch hat jedes Gerät eine einmalige
Adresse, welche ebenso zur Sicherheit beiträgt wie ein 128 Bit langer
Schlüssel zur Authentifizierung. Zusätzlich kann der Datenstrom selbst
noch verschlüsselt werden. Auch begrenzt ein adaptives Regeln der
Sendeleistung die Reichweite – doch Vorsicht, mit einem herkömmlichen
Bluetooth-USB-Adapter und Richtfunkantenne wurden schon Distanzen von
über einem Kilometer überwunden. Die Spezifikation des Funkstandards ist
offen gelegt. Auf der offiziellen Internetseite www.bluetooth.org kann
jeder sich das aktuell 1230 Seiten umfassende Dokument herunterladen.
Auch für Programmierer ist dieses Dokument interessant, weil jeder
Aspekt detailliert beschrieben wird.Turbofunker
Der
neue Standard 2.0, genauer 2.0+EDR (Enhanced Data Rate), bringt eine
Verdreifachung der Datenrate bei unverändertem Protokoll auf
Anwendungsebene. Bestehende Programme müssen also nicht einmal neu
geschrieben werden, um von der höheren Geschwindigkeit zu profitieren.
Viele kleine Details verbessern die Funktechnik weiter. Die
Übertragungsgeschwindigkeit wird abhängig von der Fehlerrate gewählt,
die neuen 2.0-Chips arbeiten anstandslos (allerdings nur mit
herkömmlicher Geschwindigkeit) mit den bisherigen Modulen zusammen.
Statt wie bisher 723,2 KBit/s sind jetzt auch Datenraten von 1446,4 und
2169,6 KBit/s netto erlaubt. Eine einzelne Anwendung schöpft
normalerweise selbst die bisherige maximale Rate von 723,2 KBit/s nicht
aus. Da jedoch vermehrt die verschiedensten Anwendungen gleichzeitig
benutzt werden, steigt der Gesamtbedarf an Bandbreite. Braucht man
einmal mehr Bandbreite als 1 MBit/s, war man bisher bei einem
Windows-Rechner dazu gezwungen, mehrere Bluetooth-Adapter mit
verschiedenen Treiber-Stacks einzusetzen, da die bisherigen Treiber
immer nur einen Adapter gleichzeitig unterstützen. Allerdings
verkompliziert dieser Lösungsansatz die Geräteverwaltung enorm. Benutzer
des Betriebssystems Linux sind besser dran, da der BlueZ-Stack von sich
aus bereits mehrere Adapter gleichzeitig bedient. Vernetzt man zwei
Bluetooth-Geräte nach dem Standard 2.0+EDR in einem PAN (Personal Area
Network) erreicht man auch statt der sonst üblichen 90 KByte/s einen
Durchsatz von 270 KByte/s – theoretisch jedenfalls. Praktisch kann
dieser Wert nicht erreicht werden, da die Fehlerkorrektur auch noch
einen kleinen Teil der Bandbreite verbraucht.Aus eins mach drei
Bemerkenswert
ist das Verfahren, welches die höheren Geschwindigkeiten in der
Betriebsart EDR generiert. Jeder Bluetooth- Chip – ob mit Version 1 oder
2 – sendet mit einer Million Symbolen pro Sekunde. Bis zur Version 1.2
wurde ausschließlich das GFSK (Gaussian Frequency Shift Keying) zur
Codierung der Informa tion in den Funkwellen eingesetzt. In jedem Symbol
wird genau ein Bit codiert. Die doppelte oder dreifache Bandbreite wird
nicht über eine Steigerung der Symbolrate, also der Tastvorgänge pro
Sekunde, erreicht, sondern es werden statt einem gleich zwei oder drei
Bits in ein Symbol gepackt. Da die Anmeldeprozedur und die
organisatorischen Informationen weiterhin nur in dem GFSK-Verfahren
übertragen werden, bleiben die neuen Datenraten zur vorherigen Version
kompatibel. Nur wenn beide Gegenstellen erklären, dass sie
EDR-kompatibel sind, schalten die Controller in einen Betriebsmodus mit
höherer Bandbreite um. Im EDR-Modus wird π/4DQPSK (π/4 Differential
Quaternary Phase-Shift Keying) für Übertragungen mit 2 MBit/s und 8DPSK
(8 Differential Phase-Shift Keying) für eine Übertragung mit 3 MBit/s
eingesetzt. Die Tabelle 1 zeigt, wie zwei Bits in vier verschiedenen
Phasenlagen codiert werden, während die Tabelle 2 darstellt, wie drei
Bits die acht verschiedenen Phasenlagen des Sig-nals codieren. Da eine
Phasendifferenz von 45 Grad selbst bei kleinen Störungen zu
Decodierfehlern führt, ist die Betriebsart 2 MBit/s robuster gegenüber
Störungen als der Modus bei 3 MBit/s.Der
Funk-Controller schaltet ab einem gewissen Störpegel automatisch auf
die langsamere Betriebsart um. Ein Überblick über die verschiedenen
Datenraten und deren Modulation zeigt Tabelle 3. Schnelle Aussichten
Das
Ende der Fahnenstange ist damit noch lange nicht erreicht. In zwei
Jahren soll Bluetooth auf das Ultrawideband (UWB) als
Übertragungsstandard wechseln. Die erste Spezifikation soll 2007 fertig
gestellt sein, erste Prototypen erwartet man für das dritte Quartal
2007. Diese Variante steigert die Geschwindigkeit von 3 auf 480 MBit/s.
Damit werden drahtlose Festplatten als zentrale Datenspeicher
interessant.Was kannst du?
Ein
Profil ist in der Sprache von Bluetooth so etwas wie eine Fähigkeit zum
Lösen einer bestimmten Aufgabe. Damit zwei Geräte miteinander
kommunizieren, müssen sie die Geräteart (z. B. Drucker, Kopfhörer, …)
und das Übertragungsprotokoll kennen; dies wird zusammenfassend als
Profil bezeichnet. Auch die Rollen innerhalb eines Profils müssen
zusammenpassen. Ein Mobiltelefon mit dem Profil BPP (Basic Printing
Profil) kann mit der eingebauten Kamera aufgenommene Fotos versenden,
während ein Drucker mit diesem Profil solche Fotos empfängt und
ausdruckt. Ein Kopfhörer wird nicht mit einem Drucker kommunizieren
können, ebenso wenig wie eine Maus mit einem ISDN-Adapter. Meldet sich
ein Bluetooth-Gerät bei einem anderen an, tauschen beide Geräte
Informationen darüber aus, welche Profile sie beherrschen. In der
Tabelle 4 sind einige Profile aufgelistet.Die
Firmware eines Bluetooth-Gerätes legt fest, welche Profile es
beherrscht. Bei einem Bluetooth-Adapter an einem PC hingegen sorgt
dessen Treiber für die Profilvielfalt. In der Bluetooth- Sprache wird
der Treiber für den PC auch Bluetooth-Stack genannt. Architektur
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Bild 2: Anwendungsprofile und der Weg zur Hardware |
Damit
die Nutzdaten reibungslos verarbeitet und gefunkt werden können,
durchlaufen die Bits eine Reihe von Protokollschichten wie Abbildung 2
zeigt. Die unterste Schicht stellt dabei den analogen Sender dar. In
einem Bereich von 2,402 bis 2,480 GHz wird in einem
Frequenzsprungverfahren gesendet (Frequency Hopping). Die Sendefrequenz
wird dabei 1600-mal pro Sekunde gewechselt. Das Frequenzband ist
aufgeteilt in 79 Frequenzstufen. Der Bluetooth-Sender wählt automatisch
die am geringsten gestörten Frequenzstufen aus. Die an der Kommunikation
beteiligten Geräte bestimmen vorher die Sprungreihenfolge. In jedem
Sprung wird ein Datenpaket mit 1 MBit/s übertragen (EDR auch 2 oder 3
MBit/s). Darüber angesiedelt ist das Basisband-Protokoll (LMP), welches
die Struktur der Pakete festlegt und sich um das Timing kümmert. Eine
eigene Recheneinheit verwaltet dabei die Verbindungen, beseitigt
Konflikte zwischen den Slaves und regelt das Energiemanagement. Das Host
Controller Interface (HCI) stellt die Schnittstelle zwischen der
Hardware und dem steuernden Host-System dar. Über das Logical Link
Control Adaption Protocol (L2CAP) werden den übergeordneten Schichten
verbindungslose und verbindungsorientierte Dienste bereitgestellt. Eine
Emulation einer V.24-Schnittstelle über die Funkstrecke ermöglicht
RFCOMM. Dieses wird z. B. vom LAN Access Profile genutzt, um IP-Pakete
über RFCOMM zu übertragen. Um den Overhead zu verringern, gibt es auch
das Bluetooth Network Encapsulation Protocol (BNEP), welches über das
Profil Personal Area Network (PAN) mehr Daten schaufeln kann. Einfacher
Austausch von Visitenkarten wird über das Profil Object Push (OP)
abgewickelt, welches wiederum auf Object Exchange (OBEX) aufbaut. Für
die Auflistung der verfügbaren Profile eines Bluetooth- Moduls gibt es
ein eigenes Profil, das Service Discovery Profile (SDP).Bluetooth für ELV-Geräte
Für
eigene Anwendungen mit Bluetooth ist das Profil SPP (Serial Port
Profile) von Interesse. Dieses Profil macht eine serielle Verbindung
drahtlos. Fast alle Bluetooth- Erweiterungen für den PC unterstützen
dieses Profil; oft bringen die Sticks gleich mehrere virtuelle COM-Ports
mit. Die Gegenstelle nimmt serielle Signale mit TTL-Pegel entgegen und
setzt diese auf Bluetooth um. Steuersignale werden meist nicht
ausgewertet, auch entstehen natürlich viel größere Latenzzeiten, als
wenn eine direkte Kabelverbindung besteht. Idealerweise lässt sich der
Seriell-Bluetooth-Umsetzer auch gleich direkt drahtlos konfigurieren.
Der Vorteil: Auf dem PC wird eine ganz normale serielle Schnittstelle
simuliert, damit laufen bestehende Programme ohne spezielle Anpassung.
Allerdings bietet der Bluetooth-Treiber oft serielle Schnittstellen
größer als COM9, also z. B. COM18 oder ähnlich, an. Leider trifft man
immer wieder auf schlampig programmierte Software, welche nur zu den
COM-Schnittstellen 1 bis 9 verbinden kann. Die drahtlose Verbindung
zwischen dem Seriell-Bluetooth-Umsetzer und dem PC ist dabei sogar
verschlüsselt und erfordert eine PIN zur Authentifizierung. Im weiteren
Verlauf der Artikelserie über Bluetooth stellen wir einen solchen
Adapter zum Selbstbau vor. Dieser Umbau ist insbesondere lohnenswert für
Geräte, welche nicht unmittelbar in der Nähe zu einem PC betrieben
werden, wie z. B. dem ELV-Akku-Ladegerät ALC 8500 Expert und ähnlichen.
Praktische Umbauanleitungen für einige Geräte von ELV und Tipps zur
Programmierung runden die Artikelserie ab.Fachbeitrag online und als PDF-Download herunterladen
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