Großes Bild = große Qualität?

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Aus ELVjournal 04/2006     0 Kommentare
 Großes Bild = große Qualität?
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Die Preise für hochauflösende Bildschirme sind im Sinkflug. Wer meint, sie würden seine persönliche Erschwinglichkeitsgrenze erreicht haben, und zugreift, ist oft enttäuscht. Das Fernsehen mit körnigen Bildern, ausgefransten Rändern bewegter Konturen und ungleichförmigen Bewegungsabläufen erfüllt nicht die Erwartungen, die der Verkäufer mit kristallklarem und detailreichem Demonstrationsbildmaterial in seinen Verkaufsräumen weckte. Das Problem liegt darin, dass für die neuen Formate nur wenig geeignetes Programmmaterial zur Verfügung steht. Eigentlich müsste die Kette vom Studio über die Bearbeitung bis zur Verteilung und Wiedergabe durchgängig in der nativen Auflösung des verwendeten Displays erfolgen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Leider sind heute noch viele Formatbrüche auf dem Weg zum Edeldisplay anzutreffen, die nur durch bildverschlechternde mathematische Umrechnungen „gekittet“ werden können. Wer die Problematik etwas hintergründiger erfasst hat, ist vor den schlimmsten Fehlentscheidungen gefeit.

Quellenmaterial und native Bildschirmauflösung müssen zusammenpassen

Wer sich heute einen hochauflösenden Flachbildschirm mit großer Diagonale leistet und damit Programme im herkömmlichen PAL-Format anschaut, ist meist enttäuscht. Neben dem unvermeidlichen Verlust an subjektiver Schärfe durch das Vergrößern des Bildes gibt es eine Reihe von Effekten (Artefakten) an schrägen und bewegten Bildstrukturen, bei Farbübergängen, Schwenks und Zooms. Der Grund dafür liegt in der Disharmonie zwischen den nativen Auflösungen des PAL-Signals und des Flachbildschirms. Aber auch die Formatstandards bei Produktion, Bearbeitung, Verteilung und Sendung des Programmmaterials sind oft unterschiedlich. Mehrere Anpassungen der Formate sind also längs des Signalwegs von der Kamera bis zum Teilnehmerbildschirm nichts Besonderes. Um dies etwas tiefer gehend zu verstehen, muss man sich mit einigen Grundlagen vertraut machen (Abbildungen 1 und 2).
Bild 1: Von PAL zu …
Bild 1: Von PAL zu …
Bild 2: … HDTV ist ein weiter Weg. (Quelle: Cinemateq)
Bild 2: … HDTV ist ein weiter Weg. (Quelle: Cinemateq)

Am Anfang war die PAL-Norm

Bild 3: Schon in den Urzeiten des Fernsehens wurde das Zeilensprungverfahren eingesetzt
Bild 3: Schon in den Urzeiten des Fernsehens wurde das Zeilensprungverfahren eingesetzt
Als am 25. August 1967, anlässlich der Eröffnung der Internationalen Funkausstellung in Berlin, Außenminister und Vizekanzler Willy Brandt den symbolischen Startknopf drückte, begann in Deutschland die regelmäßige Ausstrahlung von Farbfernsehprogrammen. Die dabei verwendete Technik geht auf das amerikanische NTSC-Verfahren (NTSC: National Television System Committee) zurück, welches durch Prof. Walter Bruch und sein Entwicklungsteam bei Telefunken in einem entscheidenden Punkt modifiziert wurde. Die Idee bestand darin, die Phase des Farbhilfsträgers senderseitig zeilenweise um 180° umzuschalten, daher der Name Phase Alternating Line (PAL). Phasenänderungen auf dem Übertragungsweg und damit verbundene Farbverfälschungen mitteln sich so in zeitlich aufeinander folgenden Zeilen aus. Damit war die mangelnde Farbstabilität als größter Nachteil des NTSC-Verfahrens (Spötter deuteten die Abkürzung als „Never The Same Color“) behoben. Die Farbbildröhre beruht – anders als die herkömmlichen S/W-Bildröhren – auf einem gleichmäßigen Raster von Bildelementen (picture elements = pixels). Ein Pixel besteht aus drei Farbpunkten (Rot, Grün, Blau = RGB), deren jeweilige Intensität eine Mischfarbe mit einer bestimmten Helligkeit ergibt. Beim analogen Schwarz- Weiß- und PAL-Farbfernsehen entsteht das bewegte Bild aus 25 Vollbildern pro Sekunde mit 625 Zeilen. Jedes Vollbild setzt sich aus 2 Halbbildern mit jeweils 312,5 Zeilen zusammen. Die Halbbildwechselfrequenz beträgt demnach 50 Hz. Abbildung 3 demonstriert dies an einem 23-Zeilen-Vollbild.
Das Zeilensprungverfahren geht auf Fritz Schröter (Fernsehpionier und Leiter des Laboratoriums für physikalische Forschungen der Telefunken-Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H. in Berlin) zurück, der es sich 1930 als „Verfahren zur Abtastung von Fernsehbildern“ patentieren ließ. Bei der Darstellung eines digitalisierten PAL-Signals auf einem Flachbildschirm, der aus einer Matrixanordnung von Leuchtpunkten besteht, die waagrecht in 576 aktive Zeilen und senkrecht in 720 Spalten organisiert sind, wird auch das Zeilensprungverfahren angewandt. Dabei entsteht aus zwei zeitlich aufeinander folgenden (Halb-) Bildern (fields) zu jeweils 288 Zeilen mit geraden und ungeraden Nummern jeweils ein Vollbild (frame) mit 576 Zeilen. Die Wechselfrequenz der Halbbilder beträgt dabei 50 Hz, die der Vollbilder demnach 25 Hz. Die Abkürzung für dieses Verfahren lautet 576i (PAL interlaced, 50 Hz, 288 + 288 lines per frame, 720 x 576 Pixel). Dass die PAL-Norm eigentlich 625 Zeilen verwendet, ist kein Widerspruch, denn davon werden nur 576 mit Bildinhalt gefüllt, der auf dem Display zur Anzeige kommen kann. Der Rest der Zeilen enthält Text, Synchronsignale und EPG-Daten (EPG: Electronic Program Guide).

Flachbildschirmen gehört die Zukunft

Bild 4: In wenigen Jahren wird in Japan der Flachbildschirm die Bildröhre im Fernsehgerät verdrängt haben. Für Europa ist das Gleiche zu erwarten.
Bild 4: In wenigen Jahren wird in Japan der Flachbildschirm die Bildröhre im Fernsehgerät verdrängt haben. Für Europa ist das Gleiche zu erwarten.
Die Bildröhre im Fernsehapparat ist auf dem Rückzug. Abbildung 4 zeigt die Verkaufszahlen in Japan (ca. 130 Mio. Einwohner), ab 2005 als Prognose. Danach werden 2008 von etwa 10 Millionen in Japan verkauften Fernsehgeräten nur noch 2 Millionen eine Bildröhre (CRT: Cathode Ray Tube), knapp 7 Millionen einen LCFlachbildschirm (LCD: Liquid Crystal Display) und gut 1 Million ein Plasma-Panel (PDP: Plasma Display Panel) haben. Eine ähnliche Entwicklung ist in den Ländern der EG zu erwarten, ein ansprechendes HDTVProgrammangebot vorausgesetzt.

HD ready – alles gut?

Bild 5: Diese Anforderungen muss ein Receiver für hochauflösendes Fernsehen (HDTV-Set-Top-Box) mindestens erfüllen.
Bild 5: Diese Anforderungen muss ein Receiver für hochauflösendes Fernsehen (HDTV-Set-Top-Box) mindestens erfüllen.
Wer glaubt, bei einem Display mit dem HD-ready-Logo sei eine bestmögliche Bildqualität gewährleistet, geht oft fehl. Diese hängt vielmehr von zwei Faktoren ab: Der Qualität des Quellensignals und der Qualität des Displays. Codier- und Interlace- Störungen, wie sie im Folgenden erläutert werden, und eine nicht an die Dis play eigenschaften angepasste Signalauflösung sind nur mehr oder weniger gut mit den Methoden der digitalen Signalverarbeitung zu korrigieren bzw. zu kaschieren. Kein noch so guter Flachbildschirm kann die Unzulänglichkeiten der Quelle restlos kompensieren. Für beste Bilder sind beste Quellen erforderlich. Beispielsweise wird hochauflösendes Satellitenfernsehen in Zukunft über den DVB-S2-Standard ausgestrahlt. Entsprechende Receiver werden dann ein HD-TV-Logo tragen. Der Käufer muss also sowohl auf das HD-ready- als auch das HD-TV-Logo achten. Es gibt auf dem Markt auch komplette TV-Geräte mit HDready- Display, aber mit Empfangsteilen, die nicht HD-TV-tüchtig sind. Beim Kauf sind deshalb gute Fachkenntnisse oder eine gute Beratung erforderlich, sonst ist Enttäuschung vorprogrammiert. Abbildung 5 fasst die Mindestanforderungen an Empfangsgeräte für die Berechtigung zum Anbringen des HD-TV-Logos zusammen (Quelle: D. Westerkamp, Thomson).
Bild 6: Umfangreiche Versuchsreihen mit Testzuschauern sollen das subjektiv „bessere“ Bild ermitteln.
Bild 6: Umfangreiche Versuchsreihen mit Testzuschauern sollen das subjektiv „bessere“ Bild ermitteln.
Moderne Flachbildschirme müssen heute, wenn sie das HD-ready-Logo tragen wollen, mindestens den 720p-Modus (1280 x 720 Bildpunkte bei 50 und 60 Hz Bildwiederholfrequenz progressiv, d. h. alle 720 Zeilen in einem Vollbild) und den 1080i-Modus (1920 x 1080 Bildpunkte bei 50 Hz und 60 Hz interlaced, d. h. 540 Zeilen in einem Halbbild und die anderen 540 Zeilen im nächsten Halbbild) beherrschen. Testreihen mit subjektiven Betrachtern haben ergeben (Abbildung 6, Quelle: H. Hoffmann, EBU), dass 720p 50 eine höhere Bewegungsauflösung und 1080i 25 eine bessere statische Auflösung hat. Auf der IBC 2005 in Amsterdam ergab sich eine klare Präferenz für 720p 50 im Vergleich zu 1080i 25. Fernsehen ist eben nicht statisch. Der Streit um die Formate wäre mit 1080p 50 erledigt, weil dieser Standard deren Stärken vereint – allerdings mit einem höheren Aufwand im Display und der Übertragungsbandbreite. Auf jeden Fall bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den PAL-Parametern und den HD-Bildschirmeigenschaften.

Wege aus dem Dilemma

Bild 7: PALoptimal setzt auf die Anpassung der nativen Displayauflösung an das PALSignalformat
Bild 7: PALoptimal setzt auf die Anpassung der nativen Displayauflösung an das PALSignalformat

Es gibt grundsätzlich zwei Wege, die Diskrepanzen zwischen Bildsignal und Display zu beseitigen:

1. Die Anpassung der nativen Auflösung des Displays an die Spezifika des Signals

Ganz offensichtlich würden keine Probleme bestehen, wenn man die Bildpunkte eines PAL-Signals (576 vertikal x 720 horizontal) 1:1 auf die Pixel eines gleich großen Bildschirms abbildet. Diesen Ansatz verfolgt das PALoptimal-Konzept von Sharp (Abbildung 7). Hier wurde das Display so an das PAL-Format angepasst, dass komplizierte Umrechnungen der unterschiedlichen Pixelraster nicht erforderlich sind. Damit können auch die damit verbundenen „Schmutzeffekte“ nicht auftreten. Natürlich reicht die Auflösung eines solchen für die PAL-Wiedergabe optimierten Bildschirms nicht aus, um HDTV-Signale ohne Verlust an Detailinformationen darzustellen. Die subjektive Bildschärfe eines von 1080 Zeilen auf 540 Zeilen herunterskalierten HD-Signals wird von Testpersonen jedoch als sehr hoch bewertet. Das ist nicht verwunderlich, denn das „Downscaling“ besteht ja nur aus dem Weglassen jeder zweiten Zeile und nicht aus komplizierten mathematischen Umrechnungen mit ihren mehr oder weniger starken Artefakten, besonders an den Konturen schnell bewegter Bildobjekte und in der Bildfeinstruktur.

2. Die Umrechnung der Bildparameter auf die native Auflösung des Displays.

Im anbrechenden HDTV-Zeitalter wird man sich angesichts der vielen Formate des vorliegenden Quellenmaterials noch lange mit der Umskalierung von PAL-basierten Inhalten auf die neuen HD-Formate beschäftigen müssen.

Der Format-Wirrwarr

Bild 8: Bei der Darstellung eines Cinemascope-Breitwandfilms auf 16:9- und 4:3-Bildschirmen ist der Letterboxeffekt besonders gravierend
Bild 8: Bei der Darstellung eines Cinemascope-Breitwandfilms auf 16:9- und 4:3-Bildschirmen ist der Letterboxeffekt besonders gravierend
Um die Problematik des Umskalierens von Video-Signalen zur Anpassung an ein bestimmtes Wiedergabeformat besser verstehen zu können, ist ein kleiner Exkurs in die „kunterbunte“ Welt der Formate hilfreich (Abbildung 8). Aus der Welt des Kinos stammt Cinemascope, ein Super-Breitbild mit dem Seitenverhältnis 2,35:1. Der weite Blickwinkel des Zuschauers soll ihm das virtuelle Eintauchen in die Szene erlauben. Man strebt damit ein optimales Seherlebnis in Richtung einer Telepräsenz an. Leider passt dieses Format gar nicht zu den heute üblichen Bildschirmformaten 16:9 und 4:3. Bei einem 16:9-Bildschirm muss man auf jeweils 70 Zeilen am oberen und unteren Bildrand verzichten, um das unverzerrte Bild in voller Breite zu sehen, bei einem 4:3-Gerät gar auf insgesamt 250 der 576 verfügbaren Zeilen. Diese mehr oder weniger herben Verluste an vertikaler Auflösung lassen sich nur durch Verzicht auf die rechten und linken Bildbereiche des Cinemascope- Originals vermeiden. Wenn sich dort für das Verständnis der Handlung Wesentliches abspielt, bleibt es dem Betrachter verborgen.
Bild 9: So werden Kinofilme in das PALbzw. NTSCFormat umgewandelt
Bild 9: So werden Kinofilme in das PALbzw. NTSCFormat umgewandelt
Um es kurz zu machen: Wenn das Format des benutzten Bildschirms nicht mit dem des Videomaterials übereinstimmt, muss man schwarze Balken links und rechts vom Bild (z. B. beim Betrachten eines 4:3- Films auf einem 16:9-Fernseher) oder oben und unten (z. B. bei einem 16:9-Film auf einem 4:3-Fernseher) in Kauf nehmen. Diesen als Letterbox bezeichneten Effekt kann man nur vermeiden, indem man das Bild in die jeweilige Richtung dehnt oder staucht, wodurch aus Kreisen und Quadraten Ovale und Rechtecke werden. Dies ist natürlich völlig unbefriedigend. Beim Abspielen von Kinomaterial über einen PAL-Fernseher kommt noch erschwerend hinzu, dass der Film in der Regel mit 24 Bildern pro Sekunde aufgenommen wurde, der Fernsehapparat aber mit 25 Vollbildern pro Sekunde wiedergibt. Am einfachsten ist es, den Film beim Abtasten etwa 4 % schneller ablaufen zu lassen. Dadurch wird ein 120-Minuten-Film um etwa 5 Minuten verkürzt und der Begleitton einen halben Ton nach oben verschoben, was dem normalen Zuschauer nicht auffällt. Man nennt diese Art der Umwandlung von 24 Filmbildern pro Sekunde in 25 PAL-Videobilder pro Sekunde einen 2:2-Pulldown. Die Anpassung an NTSC-Wiedergabegeräte mit 60 Hz Halbbildfrequenz ist komplizierter. Sie erfolgt nach einem 3:2- Pull-down, wobei aus 4 Filmbildern 10 Halbbilder erzeugt werden. Es entsteht dabei ein leichtes Ruckeln (judder), aber die Spieldauer des Original-Kinofilms ist die gleiche wie die der Fernsehversion. Abbildung 9 zeigt die Zusammenhänge. Jedes Filmbild (1, 2, 3 …) wird in ein geradzeiliges (even, 1e, 2e, 3e …) und ein ungeradzeiliges (odd, 1o, 2o, 3o …) Halbbild zerlegt. Die Reihenfolge der Halbbilder ist bei der Wandlung in PAL regelmäßig (1o, 1e, 2o, 2e, 3o, 3e …), bei der Wandlung in NTSC folgt sie einem Zyklus (1o, 1e, 1o, 2e, 2o, 3e, 3o, 3e, 4o, 4e). Nach 167,7 ms ist der Zyklus durchlaufen, dabei wurden 4 Filmbilder in 10 NTSC-Halbbilder gewandelt, und der gleiche Zyklus kann mit den nächsten 4 Filmbildern beginnen.

Interlace oder die „Kunst des Verschachtelns“

Bild 10: Bei der Umwandlung von zwei Halbbildern in ein Vollbild entstehen an bewegten Konturen „Jaggies“
Bild 10: Bei der Umwandlung von zwei Halbbildern in ein Vollbild entstehen an bewegten Konturen „Jaggies“
Aus der Anfangszeit des Fernsehens stammt der Trick des Verschachtelns von Halbbildern zu Vollbildern, mit dem man Übertragungsbandbreite sparen und dem menschlichen Auge trotzdem eine flüssige Bildfolge anbieten kann. Die Idee besteht darin, das Bild in zwei Halbbildern aufzuzeichnen, von denen das erste alle ungeraden Zeilen, das zweite die geraden enthält. Auf dem Bildschirm werden diese Teilbilder übereinander geschrieben, wobei die Zeilen eines jeden Bildes auf die Leerräume zwischen den Zeilen des anderen Bildes zu liegen kommen. Beim PAL-Fernsehen werden so pro Sekunde 50 Halbbilder mit je 312,5 Zeilen übertragen, die sich zu 25 Vollbildern pro Sekunde mit 625 Zeilen verschachteln (to interlace: verschachteln, verflechten). Die Interlacetechnik hat aber einen großen Nachteil. Bei der Aufnahme von schnell bewegten Objekten haben sich diese im zeitlichen Abstand zweier Halbbilder bereits deutlich weiter bewegt, was in der Überlagerung zu einer ausgefransten Randkontur führt. Abbildung 10 zeigt dies anhand von 28 Zeilen übertrieben. Es ist ein diagonal von links unten durch das Bild fliegender Ball dargestellt, der in Halbbild 1 mit den ungeraden Zeilen (odd) und in Halbbild 2 mit den geraden Zeilen (even) abgetastet wird.
Zwischen den beiden Halbbildern hat er ein gewisses Wegstück zurückgelegt. Die Sonne oben rechts im Bild dagegen steht in beiden Halbbildern an der gleichen Position. Sie ist daher in der Überlagerung beider Halbbilder korrekt abgebildet, während der Ball verformt ist und ausgefranste Konturen aufweist (Kammartefakte = jaggies). Diese zu beseitigen, ist die Aufgabe des Deinterlacers. Ein Bildausschnitt aus einer Skilauf übertragung mit und ohne Deinterlacing macht die Wirkung eines Deinterlacers in einem realen Bild sichtbar (Abbildung 11 und Abbildung 12). Weitere Beispiele und Hintergrundinformationen finden sich auf http://deinterlace.sourceforge. net/screenshots/index.htm.
Bild 11: So sehen zwei aufeinanderfolgende überlagerte Halbbilder aus, die nicht mit einem Deinterlacer zu einem progressiven Vollbild zusammengeführt wurden
Bild 11: So sehen zwei aufeinanderfolgende überlagerte Halbbilder aus, die nicht mit einem Deinterlacer zu einem progressiven Vollbild zusammengeführt wurden
Bild 12: Der Deinterlacer erzeugt aus zwei Halbbildern ein progressives Vollbild
Bild 12: Der Deinterlacer erzeugt aus zwei Halbbildern ein progressives Vollbild
Für hochwertige Videowiedergaben wird eine progressive Darstellung der Bilder verwendet. Bei PAL bedeutet dies eine Auflösung von 625 Zeilen (Vollbilder), davon 576 sichtbaren, mit 50 Bildwechseln pro Sekunde (abgekürzt: 576p 50). Solche fortlaufend (progressiv) aufgebauten Bilder wirken aber nur kantenschärfer und ruhiger, wenn der Deinterlacer zum Aufbau der Vollbilder aus den Halbbildern gute Arbeit leistet. Leider macht kaum ein Hersteller Angaben über die in seinem Display verwendeten Deinterlace-Techniken. Tabelle 1 zeigt die heute in Produktion, Bearbeitung und Distribution verwendeten Formate. Gegenwärtig sind 720p 50 und 1080i 50 in den HDTV-Geräten der Unterhaltungselektronik im Einsatz. Beide erzeugen die gleiche Datenrate. Ein weiterer Schritt nach vorne wäre 1080p 50. Entsprechende Displays und Übertragungsbandbreite vorausgesetzt, hätte man damit ein Maximum an Detailauflösung und ein Minimum an Bewegungsunschärfe auf Kosten einer doppelt so hohen Datenrate. Aber bis dahin wird sicher noch einige Zeit vergehen. In der Produktion wird heute schon mit 1920p 50 (1920 x 1080 @ 50 1:1) gearbeitet. Der Zusatz SF steht für „Segmented Frame“ (Segmentiertes Bild). Dabei werden Vollbilder mit 25 oder 24 Hertz progressiv abgetastet und anschließend in Halbbilder nach dem Zeilensprungverfahren (interlaced) zerlegt (segmentiert). Weil die Halbbilder dem gleichen Vollbild entnommen wurden, sind sie nicht zeitlich versetzt und es ist kein Deinterlacer erforderlich. Mit der Segmented-Frame-Technik können progressiv abgetastete Frames in einem Zeilensprungsystem verarbeitet und gespeichert werden. Schnelle Bewegungen wirken allerdings nicht ganz so fließend wie in einem 50-Hz-interlaced-System – die Fachleute sagen „weniger filmähnlich“.
Tabelle 1: Heute in Prduktion, Bearbeitung und Distribution verwendete Bildformate
Tabelle 1: Heute in Prduktion, Bearbeitung und Distribution verwendete Bildformate

Aus zwei mach eins

Der Deinterlacer kombiniert meistens verschiedene Techniken, damit möglichst wenige Kammartefakte bei der Umwandlung von zwei Halbbildern in ein progressives Vollbild auftreten. Dazu werden die fehlenden Zeilen jedes Halbbildes aus den räumlich und zeitlich benachbarten Zeilen berechnet. Die einfachste, aber auch am wenigsten wirkungsvolle Methode des Deinterlacing besteht darin, das gerade und ungerade Halbbild zu überlagern und zweimal auszugeben. Diese Methode wird „Weaving“ (Verweben) genannt und zeigt ihre Schwächen am offenkundigsten bei schnell bewegten Bildinhalten. Eine bessere Methode ist die Ermittlung der fehlenden Zeilen eines Halbbildes aus den umliegenden Zeilen. Im Ergebnis führt das aber zu einem in vertikaler Richtung unruhigen Bild, weil der Deinterlacer bei der ersten und letzten Zeile im Halbbild keine beidseitigen Nachbarn zum Interpolieren vorfindet. Dies ist bei horizontalen feinen Bildstrukturen besonders auffällig. Man kann diesen Mangel beheben, indem man jedes zweite Halbbild durch eine Kopie des vorangegangenen ersetzt (skip field video). Dabei geht natürlich die Information aus den ersetzten Halbbildern verloren, die effektive Bildwiederholfrequenz wird halbiert und Bewegungen wirken nicht mehr so flüssig. Sehr wirkungsvoll ist der so genannte „Bobbing“-Algorithmus (to bob = sich auf und ab bewegen). Er beruht darauf, dass in jedem Halbbild die Pixel in den fehlenden Zeilen aus Interpolation der Pixel in den Nachbarzeilen gebildet werden. Weil aber die so entstehenden Vollbilder einen vertikalen Höhenunterschied haben (Halbbilder aus ungeraden Zeilen liegen eine Zeile höher als solche aus geraden Zeilen), wird dieser durch Hinzufügen einer Zeile in die ungeraden Bilder ausgeglichen und so das vertikale Zeilenflackern unterdrückt.

Directional Interpolation Deinterlacer (DI)

Die Ermittlung des Werts eines neu zu berechnenden Zielpixels aus den umgebenden Pixeln kann auf unterschiedliche Art erfolgen. Im einfachsten Fall wird das neue Pixel eine Kopie eines seiner Nachbarn sein (pixel replication). Dieser Algorithmus tendiert zu Blockbildung, die besonders an schrägen Kanten auffällt. In dieser Hinsicht ist die bilineare Interpolation besser, weil sie das Zielpixel als linearen Mittelwert aus den 4 benachbarten Pixeln ermittelt. Schräge Kanten wirken jetzt aber verwaschen (blurred) statt stufig. Bessere Ergebnisse liefert die gerichtete Interpolation, wie sie ein Directional Interlacer verwendet. Er versucht entlang von Kanten und nicht über sie hinweg zu interpolieren. Abhängig von der Kantenrichtung im Bereich des Zielpixels wird ein für die menschlichen visuellen Wahrnehmungseigenschaften (HVS: Human Vision System = menschlicher Gesichtssinn) optimiertes Interpolationsverfahren angewendet.

Motion Adaptive Deinterlacer (MA)

Sie gewinnen ihre Interpolationsinformationen nicht nur aus den Zeilen eines Halbbildes, sondern berücksichtigen dabei umliegende Halbbilder. Bei deren Analyse übernimmt der adaptive Deinterlacer unveränderte (ruhende) Bildbereiche und interpoliert veränderte (bewegte) Bildbereiche.

Motion Compensated Deinterlacer (MC)

Bewegungskompensierte Deinterlacer wenden Methoden der Bewegungsschätzung von Bildbereichen an, wie sie beim MPEG-Verfahren zum Einsatz kommen. Die resultierenden räumlichen und zeitlichen Prädiktionsvektoren sorgen für eine artefaktarme Bildfolge.

Hybride Deinterlacer

Jeder der Ansätze zum Deinterlacen von Halbbildern hat seine Stärken und Schwächen in Bezug auf spezifische Fehler (Kantenprobleme, Detailauflösung), Speicher- und Rechenaufwand. Besonders gute Ergebnisse liefern Mischformen wie die Kombination von DI (kantenstark) und MC (detailstark). Abbildung 13 (Quelle: Gerard de Haas, Philips) zeigt einen Ausschnitt aus zwei Halbbildern, die nach den Verfahren DI (links), MC (Mitte) und DIMC- Hybrid deinterlaced wurden. Nach dem Deinterlacer, der Halbbilder (fields) in Vollbilder (frames) umwandelt (und dabei berücksichtigt, ob es sich um Material von einer Filmkamera oder Videokamera handelt), folgt ein so genannter Scaler. Seine Aufgabe ist es, einen Frame derart zu erzeugen, dass er mit der nativen Auflösung des Ausgabegeräts (Videoprojektor, Flachbildschirm) und seiner Bildwiederholfrequenz harmoniert. Line Doubler, Line Tripler und Line Quadrupler sind relativ einfache Schaltungen, die eine gegebene Zeilenzahl verdoppeln, verdrei- oder vervierfachen, um das Signal an die höhere Zeilenzahl eines Displays anzupassen. Am unaufwändigsten ist es, die zusätzlichen Zeilen durch Wiederholung zu gewinnen. In besseren Geräten werden sie mathematisch aus den Nachbarzeilen des jeweiligen Halbbildes interpoliert. Dem Nachteil geringerer vertikaler Auflösung und unruhiger horizontaler Feinstrukturen steht der Vorteil fehlender Bewegungsartefakte gegenüber. Häufig wird sprachlich nicht so genau unterschieden und der Deinterlacer als Teil des Scalers betrachtet oder der zusammenfassende Begriff Videoprozessor gebraucht.

16:9 Anamorphe Codierung

Bild 14: Durch Spezialoptiken wird die Auflösung der Filmabtastung erhöht.
Bild 14: Durch Spezialoptiken wird die Auflösung der Filmabtastung erhöht.
Bei der anamorphen Codierung wird ein breites Filmbild (z. B. im 16:9-Format) durch eine in horizontaler Richtung verzerrende (anamorphe) Optik auf 4:3 gestaucht und dann mit dem üblichen Raster von 576 Zeilen und 720 Spalten in Bildpunkte zerlegt und auf einer DVD gespeichert (Abbildung 14). So werden auch die bei der gewöhnlichen Letterboxdarstellung ungenutzten schwarzen Streifen mit Information gefüllt, was die vertikale Auflösung steigert. Beim Abspielen muss das Bild wieder an das Format des Wiedergabegeräts 4:3 oder 16:9 angepasst werden. Bei 16:9-Bildschirmen erhält man das Originalformat der Quelle in optimaler Auflösung. Daher tragen anamorphe DVDs oft die Kennzeichnung „16:9-enhanced“ oder „16:9-optimiert“.

Fazit

Bild 15: Mit derartigen Videoprozessoren lässt sich jedes Quellenmaterial in optimaler Qualität an jeden Bildschirm anpassen. (Quelle: Cinemateq)
Bild 15: Mit derartigen Videoprozessoren lässt sich jedes Quellenmaterial in optimaler Qualität an jeden Bildschirm anpassen. (Quelle: Cinemateq)
Die Qualität hoch auflösender Flachbildschirme steht und fällt mit der Qualität ihres Eingangssignals. Entspricht es nicht der nativen Bildschirmauflösung, müssen Videoprozessoren das Bild höher auflösen, umskalieren, Artefakte beseitigen, die Schärfe und Farbdarstellung optimieren und den Beschnitt verringern. Oft sind in den Flachbildschirmen und Zuspielgeräten Chips im Einsatz, die einen Kompromiss zwischen Kosten und Leistung darstellen und im ungünstigsten Fall nicht bestmöglich zusammenarbeiten. Deshalb gibt es externe Videoprozessoren, die sich die kompromisslose Qualitätsmaximierung auf die Fahnen geschrieben haben. Voraussetzung hierfür ist die durchgängige Nutzung des Serial Digital Interface (SDI). Dieser Bitstrom enthält das Signal „roh“ und nicht vorverarbeitet. Ein hochwertiger Bildoptimizer kann sich also voll entfalten. Ein Vertreter dieser Gattung ist der picture optimizer plus II SDI von Cinemateq (http://www.cinemateq.de/ index.php?content=d_2_4_1_1_0) (Abbildung 15). Wird ein solcher Bolide eingesetzt, sollte man die Signalprozessoren in den Komponenten seiner HDTV-Großbildanlage ausschalten. Auf jeden Fall erhält der kompetente Fachhändler bei der hochauflösenden Großbildtechnik wieder eine echte Chance. Bei den heute noch erheblichen Kosten für hochwertige Anlagenkomponenten ist das perfekte Zusammenspiel für ein bestmögliches Bild wichtiger denn je. Oft führt der platte Ansatz „Alles nur vom Feinsten“ zu Enttäuschungen, weil das Resultat die Kosten nicht rechtfertigt. Davor kann der Fachhandel seine Kunden durch Beratung, Leihstellung und Installationsleistung schützen.

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