Flachdisplays auf Flüssigkristallbasis – Verdrehte Ordnung schafft Bilder
Aus ELVjournal
02/2007
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Flachdisplays
haben die Bildröhre heute nahezu vollständig verdrängt. Gerade bei
großen Bildschirmformaten hätte die Röhrentechnik Monitore mit
monströsen Ausmaßen und zentnerschweren Gewichten zur Folge. Hier hat
der technische Fortschritt Alternativen ermöglicht, die sich harmonisch
in das Wohnzimmer integrieren. Durch ihren günstigen Wirkungsgrad ist
der Stromverbrauch vergleichsweise gering. Während in den vergangenen
Folgen dieser Reihe Flachbildschirme mit ausgefallenen
Funktionsprinzipien beschrieben wurden, geht es in diesem und dem
nächsten Artikel um Technologien, die noch den Massenmarkt beherrschen:
LCD und Plasma.Historischer Rückblick auf die Flüssigkristalle als elektronisch steuerbare Lichtpolarisatoren
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1: Otto Lehmann hat vor hundert Jahren als erster Wissenschaftler mit
der systematischen Erforschung der Flüssigkristalle begonnen. (Quelle:
Universitätsarchiv Karlsruhe) |
Die
belegte Erforschung der Eigenschaften flüssiger Kristalle geht auf den
Physiker Otto Lehmann (1855–1922) zurück (Abbildung 1). In seinem 1904
erschienenen Hauptwerk „Flüssige Kristalle“ untersuchte Lehmann
systematisch das Kristallwachstum und molekulare Veränderungen an
kristallinen Substanzen. Die Vorlesungen von Pierre Curie über
„Symmetrie in physikalischen Phänomenen“ an der Pariser Sorbonne um 1905
weckten das Interesse von Charles Mauguin (1878–1958) an der
Kristallographie. Mit Hilfe von Röntgenstrahlen erforschte er die
Struktur und die anisotropen (richtungsabhängigen) Eigenschaften von
Flüssigkristallen und leistete große Beiträge zu diesem Wissensgebiet.
1936 patentierte die Marconi Wireless Telegraph Company die erste
praktische Anwendung der Technologie, das Flüssigkristall-Lichtventil.
Anfang
der 60er Jahre kam nach 25 Jahren Stillstand wieder Bewegung in die
Flüssigkristallforschung.
Das erste praktisch anwendbare LCD (Liquid Crystal Display =
Flüssigkristallanzeige) entstand 1968 in den USA durch ein Team um
George H. Heilmeier bei der Radio Corporation of America (RCA).
Heilmeier gründete die Firma Optel, die einige LCDs nach dem Prinzip der
dynamischen Lichtstreuung (dynamic scattering) entwickelte. Er ist
damit einer der Pioniere der industriell gefertigten
Flüssigkristalldisplays.
Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts legten die Physiker
Martin Schadt und Wolfgang Helfrich, damals im Central Research
Laboratory der Firma Hoffmann-La Roche in Basel tätig, mit ihren
Forschungen an chemischen Substanzen mit flüssigkristallinen
Eigenschaften bei Raumtemperatur die Grundlage aller heutigen LCDs. Mit
ihrem Aufsatz „Voltage-dependent optical activity of a twisted nematic“
in Applied Physics Letters 18, 127 (1971), begann der bis dahin
exotische Forschungszweig seinen Siegeszug durch die Welt der
Displaytechnologie. Schadt und Helfrich hatten mit der nach ihnen
benannten Schadt-Helfrich-Zelle eine Anordnung vorgestellt, welche als
spannungsgesteuertes Lichtventil bis heute in nahezu allen LCD-Typen in
mehr oder weniger abgewandelter Form anzutreffen ist.
Was ist ein Flüssigkristall?
Flüssigkristalle sind Substanzen, die sich teilweise wie ein Festkörper,
aber teilweise auch wie eine Flüssigkeit verhalten. Während sich feste
Kristalle durch eine starre Position und Ausrichtung ihrer Moleküle
auszeichnen, sind die Moleküle eines Flüssigkristalls nicht ortsfest
(Flüssigkeitseigenschaft), aber in ihrer Ausrichtung beeinflussbar und
damit in eine geordnete Struktur zu bringen (Kristalleigenschaft).
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2: Flüssigkristalle gehen bei Erwärmung nicht direkt aus der
anisotropen kristallinen Phase in die isotrope Flüssigphase über,
sondern machen den Zwischenschritt über die anisotrope Schmelze. |
In
Abbildung 2 oben ist dargestellt, wie ein herkömmlicher Kristall beim
Überschreiten des Schmelzpunktes von der anisotropen Kristallstruktur
direkt in die isotrope Schmelzflüssigkeit übergeht. Aber es geht auch
anders. Heute sind Zigtausende von organischen Verbindungen bekannt, die
beim Erhitzen über eine oder mehrere anisotrope flüssigkristalline
Phasen in die isotrope flüssige Schmelze übergehen (Abbildung 2 unten).
Unter Anisotropie versteht man die Richtungsabhängigkeit von
physikalischen Eigenschaften wie z. B. Transparenz, Härte, Spaltbarkeit,
elektrische Leitfähigkeit. Isotropie beschreibt das gegensätzliche
Verhalten, d. h. die Richtungsunabhängigkeit der Materialeigenschaften.
Besonders interessant sind davon jene Verbindungen, die ihre
flüssigkristallinen Merkmale im Bereich der Raumtemperatur, also in
einem Temperaturbereich um 20° Celsius aufweisen. Als Beispiele können
Methyloxybenzylidenbutylanilin (MBBA)und Pentylcyanobiphenyl (5CB)
genannt werden. Allen Verbindungen mit flüssigkristallinen Phasen ist
gemeinsam, dass ihre Moleküle vier- bis sechsmal so lang wie dick sind
(Formanisotropie). Das erklärt bei regelmäßiger Ausrichtung der
Flüssigkristalle das richtungsabhängige (anisotrope) optische Verhalten.Polarisation
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3: Bei einer elektromagnetischen Welle stehen die elektrische und die
magnetische Feldkomponente senkrecht zueinander und zur
Ausbreitungsrichtung. |
Licht
besteht im Allgemeinen aus einem Gemisch elektromagnetischer Wellen
unterschiedlicher Frequenz (Farbe) und Lage im Raum (Schwingungsebene,
Polarisation). Bekanntlich besteht eine einzelne elektromagnetische
Schwingung aus einer elektrischen Komponente E und einer magnetischen
Komponente H, die senkrecht aufeinander und auf der Ausbreitungsrichtung
stehen (Abbildung 3). Eine solche Schwingung wird auch transversal
genannt. Das Kreuzprodukt aus E und H ist der Poynting’sche Vektor S
(S=ExH). Er zeigt in Richtung der Ausbreitung (x) der Welle und
beschreibt den mit ihr verbundenen Energiefluss. Üblicherweise wird die
Ebene, die von der Ausbreitungsrichtung und dem elektrischen Feldvektor
aufgespannt wird, als Polarisationsebene der Welle bezeichnet, senkrecht
dazu steht die Schwingungsebene. Gelegentlich sind die beiden Begriffe
in der Literatur auch vertauscht zu finden.
Das Licht der Sonne oder einer Glühbirne weisst nun eine Vielzahl von
Polarisationsebenen auf. Lässt man es durch eine transparente Schicht
fallen, die nur eine Polarisationsebene herausfiltert
(Polarisationsfilter), trifft man nach dem Durchtreten des Lichts nur
noch Schwingungen mit einer Polarisationsrichtung an. Dieses Licht
bezeichnet man als linear polarisiert, seine Schwingungen als
transversal. Darauf beruht das Funktionsprinzip des LCDs.
Als Polarisationsfilter kommen heute meistens Kunststofffolien zum
Einsatz. Sie bestehen aus transparenten Materialien, in die lange und
parallel ausgerichtete Moleküle eingearbeitet sind. Dazu kann man z. B.
dichroitische Kristalle in flüssiger Gelatine auf einen elastischen
Träger aufbringen und unter mechanischem Zug erstarren lassen. Dadurch
richten sich die Kristalle mehr oder weniger in Zugrichtung aus und die
resultierende Folie zeigt die gewünschten Filtereigenschaften. Als
dichroitisch bezeichnet man die Eigenschaft eines anisotropen Kristalls,
parallel oder senkrecht zur Kristallachse einfallendes Licht mehr oder
weniger stark zu absorbieren. Modellhaft kann man sich einen Polarisator
als feines Gitter vorstellen, das nur Lichtanteile durchlässt, deren
Schwingungsebene mit der Gitterorientierung übereinstimmt.
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4: Die Schadt-Helfrich-Zelle ist die Urform aller LCDs. Im
spannungslosen Zustand sind die Flüssigkristalle schraubenförmig
zwischen ihren Vorzugslagen an den Orientierungsschichten ausgerichtet. |
Die
Schadt-Helfrich-Zelle besteht aus zwei parallelen, an der Innenseite
mit transparenten, leitfähigen Elektroden aus Indium-Zinn-Oxid (ITO)
beschichteten Glasplatten (Abbildung 4). Der Raum zwischen den
Elektroden ist mit einer nematischen flüssigkristallinen Substanz
gefüllt. Durch eine spezielle Oberflächenbehandlung der ITO-Elektroden
(durch Beschichten mit Polyvinylalkohol und Bürsten in 90° versetzte
Vorzugsrichtungen ergeben sich zwei Orientierungsschichten) lagern sich
die Flüssigkristalle an den Oberflächen (homogene Orientierung) mit 90°
Richtungsunterschied an. Dazwischen verändert sich die
Kristallorientierung stufenlos. Die Kristalle sind also entsprechend
einer 90°-Schraube zwischen den Elektroden parallel zu ihnen
ausgerichtet. Wenn man nun die Außenseiten der Glasplatten mit
Polarisatoren in den Vorzugsrichtungen beschichtet, tritt polarisiertes
Licht, d. h. Licht einer einzigen Schwingungsebene, in die
Schadt-Helfrich-Zelle ein. Es wird beim Durchlaufen der Zelle
kontinuierlich um 90° gedreht. Das in seiner Orientierung gegen das
Eingangsfilter rechtwinklig verdrehte Ausgangsfilter lässt das Licht
deshalb ungeschwächt durch (normally white mode).
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5: Liegt an den Elektroden der Schadt-Helfrich-Zelle eine Spannung an,
orientieren sich die Kristalle in Richtung des dadurch hervorgerufenen
elektrischen Feldes. |
Beim
Anlegen einer Spannung an die ITO-Elektroden orientieren sich die
inneren Flüssigkristallmoleküle an den elektrischen Feldlinien
(Abbildung 5), umso mehr, je größer die Spannung ist. Die Moleküle
unmittelbar an der Orientierungsschicht behalten auch bei höheren
Spannungen ihre
Lage unverändert bei. Somit verliert die Schadt-Helfrich-Zelle mit
wachsender Spannung ihre Transparenz. Man kann die Polarisatoren auf den
Innenseiten der Glasscheiben auch gleich orientieren und hat dann im
spannungslosen Zustand eine lichtundurchlässige Zelle (normally black
mode). Wegen ihres schlechteren Kontrasts wird diese Anordnung kaum
verwendet.Einfache LC-Displays
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Bild 6: Von der statischen 7-Segment-Anzeige zum dynamischen Punktarray |
Frühe
LCDs dienten der Anzeige von Dezimalzahlen mit 7 Segmenten (Abbildung 6
links), z. B. in Taschenrechnern. Das notwendige Licht für das
Sichtbarmachen der Helligkeitsunterschiede wurde dabei von einem
reflektierenden Displayhintergrund geliefert. Ohne Umgebungslicht
funktionierten diese Displays also nicht. Im einfachsten Fall wurde
jedes Segment einzeln verdrahtet, was bei umfangreicheren Displays
schnell eine sehr komplexe Leitungsführung zur Folge hatte. Man
bezeichnet diese Methode der Ansteuerung als statisch.
Für universellere LCDs eignet sich die Punktmatrixanordnung besonders
(Abbildung 6 rechts). Mit ihr lassen sich alphanumerische Zeichen und
einfache Grafiken darstellen. Die Matrixpunkte werden über Zeilen- und
Spaltenelektroden angesteuert. Die Anzeige wird besonders schnell und
kontrastreich, wenn man in jedem Kreuzungspunkt einen
Speicherkondensator integriert. Die Kondensatoren werden zeilenweise
über Dünnfilmtransistoren (TFT: Thin Film Transistor) einem
Spannungsmuster an den Spaltenelektroden entsprechend aufgeladen und
halten diesen Zustand bis zu einem neuen Zeilendurchlauf. Man sagt,
derartige Displays werden dynamisch angesteuert oder gemultiplext, und
spricht von Aktivmatrix- oder TFT-Flüssigkristalldisplays.Farb-LCDs
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Bild 7: LCD-Bolide mit 82"-Bildschirmdiagonale (Quelle: Samsung) |
Man
kann die eben besprochenen gemultiplexten Punktmatrix-LCDs als Vorstufe
zu den heute erhältlichen hochauflösenden TFT-Farbdisplays für
Computermonitore und Fernsehgeräte betrachten. Die Technik hat dabei
enorme Fortschritte gemacht, so dass Displays mit einer
Bildschirmdiagonale von 56" (142 cm), vierfacher Full-HD-Auflösung (2160
x 3840 = 8,2944 Millionen Farbpixel), 8 ms Reaktionszeit, einem
Kontrastverhältnis von 1:1000 und Millionen von Farben möglich sind, wie
der amerikanische Hersteller Westinghouse auf der Consumer Electronics
Show Anfang 2006 in Las Vegas demonstrierte. Ob und gegebenenfalls wann
und zu welchem Preis solche Superboliden für den Endverbraucher
verfügbar sein werden, ist ungewiss. Nutzen und Sinn für den Einsatz im
heimischen Wohnzimmer müssen bezweifelt werden. Schon allein deshalb,
weil gar kein derartig hochaufgelöstes Programmmaterial verfügbar ist.
Dagegen sind Modelle wie der von Samsung vorgestellte 82"-TFT-LCD (2,082
m Bildschirmdiagonale!) mit 1080 x 1920 Farbpixeln beim koreanischen
Hersteller bereits seit über zwei Jahren Realität (Abbildung 7). Wenn
man bedenkt, dass jedes Farbpixel aus drei RGB-Pixeln besteht, wurden
somit 6,22 Millionen Pixel und 12,44 Millionen Dünnfilmtransistoren auf
einem einzigen Substrat aufgebracht. Das ist eine wahrhaft erstaunliche
technologische Meisterleistung. Weltweit sind riesige
Fertigungskapazitäten entstanden, und unter dem Konkurrenzdruck der
Anbieter und alternativer Technologien werden die Preise bald fallen und
die Geräte erschwinglich werden (Abbildung 8).
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8: Kameyama: LCD-Werk der Superlative in der japanischen Präfektur Mie.
Auf 330.000 m² werden hier „System-LCDs“ auf Glassubstraten von 1500 x
1800 mm hergestellt – über 12 Millionen aller Größenordnungen pro Monat.
(Quelle: Sharp) |
LCD-Varianten
Nach
der Art und Weise, in der die Kristalle einer wenige µm starken
Flüssigkristallschicht unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes
ausgerichtet werden, unterscheidet man im Wesentlichen drei
LCD-Varianten: TN (Twisted Nematic), VA (Vertically Aligned) und IPS (In
Plane Switching).TN-LCD
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9: Schraubenförmig verdrehte nematische Flüssigkristalle werden unter
dem Einfluss eines elektrischen Feldes umorientiert. Im Zusammenwirken
mit gekreuzten Polarisatoren und Farbfiltern entsteht so ein Pixel, das
alle Farb- und Helligkeitswerte annehmen kann. (Quelle: Merck KGaA) |
Zum
Einsatz kommen bei diesem LCD-Typ Flüssigkristalle mit positiv
dielektrischer Anisotropie. Das bedeutet, dass sich die Kristalle in
Richtung elektrischer Felder ausrichten. In der spannungsfreien Zelle
drehen sie sich parallel zu den Glasflächen schraubenförmig von einer
Vorzugsrichtung in die andere (Abbildung 9). Wenn mit zunehmender
Spannung die Feldstärke ansteigt, orientieren sich die Flüssigkristalle
immer stärker an der Feldrichtung, also senkrecht zu den Glasplatten. In
dieser Lage drehen sie die Polarisationsrichtung des Lichtes nicht, was
wegen der gekreuzten Polarisatoren an Eingang und Ausgang zu einer
lichtundurchlässigen Zelle führt. Weiterentwickelte Displayvarianten mit
höheren Kontrastverhältnissen sind das STN-LCD (Super Twisted Nematic),
das DSTN-LCD (Double Super Twisted Nematic) und das TSTN-LCD (Triple
Super Twisted Nematic).VA-LCD
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10: Beim Vertical-Aligned-LCD-Typ sind die Flüssigkristalle zwischen
den spannungslosen Elektroden senkrecht zu ihnen ausgerichtet. (Quelle:
Merck KGaA) |
Hier ist
es genau umgekehrt wie bei den TN-LCDs. Die an die
Orientierungsschichten angelagerten Flüssigkristalle sind zwar auch zu
den Elektroden parallel orientiert, im Raum dazwischen richten sie sich
im spannungsfreien Zustand aber senkrecht zu ihnen aus (Abbildung 10).
Dabei wird die Polarisationsebene des Lichts nicht verändert. Je nach
der Orientierung der Polarisatoren (gleich oder gekreuzt) hat man eine
transparente oder (häufiger) sperrende Zelle. Mit zunehmender
Elektrodenspannung nehmen die Flüssigkristalle immer stärker eine
horizontale Lage an und stehen damit mehr oder weniger quer zu den
Feldlinien. Ein solches Verhalten zeigen negativ dielektrische
anisotrope Flüssigkristalle.IPS-LCD
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11: Im In-Plane-Switching-LCD werden die Flüssigkristalle parallel zu
den Substratplatten ausgerichtet. Dazu müssen die Elektroden auf einer
Seite jeder Zelle angeordnet sein. Die Blickwinkelabhängigkeit geht bei
dieser Anordnung stark zurück. |
Diese
Technik beruht auf einem Patent des Fraunhofer-Instituts IAP aus dem
Jahr 1990. Ihre Vorteile sind kurze Schaltzeiten und hoher Kontrast bei
geringer Blickwinkelabhängigkeit. Bei IPS-LCDs sind die Elektroden nicht
gegenüberliegend auf beiden Seiten der Zelle, sondern nebeneinander auf
der Lichteinfallseite angeordnet. Das IPS-Prinzip verdeutlicht
Abbildung 11. Dabei entsteht in der Mitte zwischen den Elektroden im
nematischen Flüssigkristall ein horizontales elektrisches Feld.
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12: Weiter Betrachtungswinkel als Lohn für komplizierte Struktur: Drei
IPS- Zellen für die Grundfarben RGB bilden ein Farbpixel. (Quelle:
Merck KGaA) |
Die
praktische Ausführung eines IPS-LCD-Farbpixels zeigt Abbildung 12. Im
spannungslosen Zustand wird die Polarisationsrichtung des durchtretenden
Lichtes nicht verändert. Wegen der versetzten Polarisatoren an Ein- und
Ausgang der Zelle ist diese dabei lichtundurchlässig (normally black).
Beim Anlegen einer kleinen Spannung drehen sich die Flüssigkristalle in
der Ebene (in plane) zwischen den Glasplatten in Richtung des
elektrischen Feldes. Mit wachsender Spannung orientieren sich immer mehr
Kristalle an den Feldlinien zwischen den Elektroden und drehen die
Polarisationsebene des Lichtes zunehmend. Dabei nimmt die
Lichtdurchlässigkeit der Zelle stetig zu.Aufbau eines LC-Displays
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13: Das präzise Zusammenwirken der zahlreichen Schichten eines LCDs
stellt die Fertigungstechnik vor enorme Herausforderungen. (Quelle:
Thomson) |
Den typischen
Schichtenaufbau eines vollständigen LC-Displays zeigt Abbildung 13.
Noch nicht besprochen wurde die Funktion des Rückbeleuchtungssystems,
bestehend aus einer Weißlicht-Leuchtstofflampe mit Reflektor, die ihr
Licht in die Unterkante eines prismatischen Rücklichtleiters (backlight
guide) einstrahlt. Der Rücklichtleiter beleuchtet dann flächenhaft eine
Prismenscheibe, die im Zusammenwirken mit einer Diffusorscheibe eine
homogene Helligkeitsverteilung bei der Bestrahlung der Aktivmatrixzellen
garantiert. Als Lichtquelle werden bei manchen Highend-Displays
flächenhafte Leuchtdiodenpaneele verwendet. Deren Lebensdauer und
Konstanz der Beleuchtungseigenschaften ist bei geringerem Verbrauch
höher, der Preis allerdings auch. Eine Reihe von Anbietern hat diese
LED-Backlight-Technik bereits im Portfolio (z. B. Samsung und Sony).Vor- und Nachteile von LCDs
Zu
den Vorteilen von LCDs zählen der (relativ) geringe Energieverbrauch,
das flimmer- und verzerrungsfreie, scharfe Bild, die flache Bauform und
das geringe Gewicht. Nachteilig sind die nicht restlos auszuschließenden
Pixelfehler, die unveränderliche Auflösung, eine kostenintensive
Produktion sowie die relativ kurze Lebensdauer der
Hintergrundbeleuchtung. Probleme mit geringem Kontrast, unechten Farben,
langen Schaltzeiten (zumindest bei Raumtemperatur) und starker
Blickwinkelabhängigkeit gehören inzwischen der Vergangenheit an. Ein
Kritikpunkt, der auch für viele andere industrielle Produktionen
besonders vor dem Hintergrund einer verhältnismäßig kurzen
Produktlebensdauer gilt: Die Vielzahl umweltgefährdender Stoffe bei der
Produktion von LCDs, verbunden mit einer hohen Ausschussquote, hat
häufig zur Verlagerung der Produktion in Länder mit niedrigen
Umweltschutzstandards geführt.Schaltzeiten
Wird
ein LCD-Pixel von Weiß auf Schwarz (oder umgekehrt) umgeschaltet,
dauert dies durch die Trägheit der Kristalle bei der Umorientierung in
der nematischen Flüssigkeit eine gewisse Zeit. Nach der Norm ISO 13406-2
als Qualitäts- und Ergonomiestandard für TFT-LCDs ist die Schaltzeit
die Zeit zur Änderung der Helligkeit eines Bildpixels von 10 % bis 90 %,
wobei 0 % und 100 % die Farben Schwarz respektive Weiß kennzeichnen.
Die Reaktionszeit moderner LCDs wird immer kürzer, <10 ms sind schon
gute Werte. Um Bewegungsunschärfen ganz zu vermeiden, sind Schaltzeiten
<3 ms notwendig. Die ISO 13406-2 klassifiziert noch viele weitere
Kriterien wie Betrachtungswinkel, Pixelfehler, Leuchtdichte und
Helligkeitsverteilung, Kontraste, Flimmern, Fonteignung sowie das
Reflexionsverhalten der Displayfront und ermöglicht damit die objektive
Qualitätseinstufung eines Displays.Bewegungsunschärfe (Motion Blur)
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Bild 14: Von Generation zu Generation nimmt die Bewegungsunschärfe der LCDs ab. (Quelle: www.biologie.de) |
Bei
TFT-LCDs steht ein Pixel für die Dauer eines Frames bedingt durch die
Ladespannung des Speicherkondensators auf einem konstanten Wert. Bei
Vollbildabtastung (progressiv) und 80 Hz Bildwiederholrate wird es also
frühestens nach ca. 12 ms in Farbe und Helligkeit verändert. Weil das
Auge die Helligkeitswerte der Pixelzustände aufintegriert, scheinen
diese zu hell und zudem „verwischt“ – dies umso mehr, je bewegter die
dargestellte Szene ist (Abbildung 14). Im Amerikanischen nennt man
diesen Effekt „Motion Blur“, auf Deutsch spricht man von
Bewegungsunschärfe. Sie lässt sich am einfachsten verringern durch eine
Verkürzung der Schaltzeiten des Displays und die demzufolge möglichen
höheren Bildwiederholraten. Dazu gibt es einige Ansätze: Verringerung
der Viskosität (Zähigkeit, Fließfähigkeit) des LC-Materials, kurzzeitige
Überspannung am Beginn der Ansteuerungsphase, um die Umorientierung der
Flüssigkristalle zu beschleunigen, oder die mathematische Kompensation
des sehbedingten Integrationseffekts. Hier hat jeder Hersteller ein
Arsenal von sorgfältig gehüteten Verfahren, die auf umfangreichen
Forschungen über die Materialien, den strukturellen Aufbau des Displays
und den Gesichtssinn beruhen.Neue Entwicklungen
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Bild 15: Die Parallaxenbarriere gibt blickwinkelabhängige Ansichten auf die Displayoberfläche frei. |
Dual-View-Displays
können je nach Blickwinkel (Parallaxe) zwei unterschiedliche visuelle
Informationen abgeben. Dies Prinzip lässt sich zur Darstellung
dreidimensionaler Bilder verwenden, aber eine realistischere Anwendung
ist zum Beispiel der Monitor im Armaturenbrett eines Automobils, der den
Fahrer mit Navigations- und Verkehrsmeldungen versorgt und den
Beifahrer einen Videofilm betrachten lässt. Oder man denke an den
Monitor für die Kinder auf den Rücksitzen. Er kann von einem Kind für
ein Computerspiel, vom anderen zur Wiedergabe des neuesten
Harry-Potter-Abenteuers genutzt werden. Auch Anwendungen in
Geldautomaten, wo das Mitlesen von der Seite unerwünscht ist,
profitieren von der neuen Technik. Sie basiert auf einer zweiten
LC-Schicht, die über dem normalen, bildgebenden TFT-LCD liegt. Dabei
fungiert diese zweite LC-Schicht als Parallaxenbarriere (Abbildung 15),
die das Licht der Hintergrundbeleuchtung nach links und rechts steuert,
so dass bei verschiedenen Sichtwinkeln unterschiedliche visuelle
Informationen auf demselben Bildschirm angezeigt werden können.
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Bild 16: Kaum zu glauben, aber wahr: ein Display – drei Bilder (Quelle: Sharp) |
Das
hinter der Parallaxenbarriere liegende TFT-LCD wird spaltenweise in
Anteile für das linke und rechte Bild aufgeteilt. Beim Blick von links
werden alle Anteile für das rechte Bild abgeschirmt und umgekehrt. Je
nach Betrachtungswinkel erscheinen somit unterschiedliche
Bildinformationen. Wird beim Dual-View-LCD für beide Betrachtungswinkel
derselbe Bildinhalt bereitgestellt, ist das Display als ganz normaler
Bildschirm nutzbar. Auch die alternierende Darstellung der Vollbilder
aus zwei Quellen und die zugeordnete Richtungsauswahl durch eine
getaktete Parallaxenbarriere ist möglich. Nach diesem Prinzip lassen
sich sogar Triple-View-Displays realisieren (Abbildung 16).
Doch die Anwendung des neuen Displaytyps ist bei weitem nicht auf
Navigationssysteme in Fahrzeugen beschränkt. Der
Home-Entertainment-Bereich erhält eine neue Dimension, in der Menschen
zwei völlig unterschiedliche Programme verfolgen können und trotzdem vor
ein und demselben Fernseher sitzen. Viele Multiplayer-Games gewinnen an
Spannung, weil der Gegner einem nicht mehr in die Karten schauen kann
wie sonst beim Split-Screen. Und auch im Business-Umfeld bietet die
Technologie der Dual-View-TFT-LCDs neue Möglichkeiten. Zum Beispiel
werben Bildschirme in Geschäften für unterschiedliche Angebote, je
nachdem aus welcher Richtung die Kunden an dem Display vorbeigehen.
Benutzern von Laufbändern, z. B. auf Flughäfen und Messen, können beim
Vorbeifahren an einem Dual- oder Triple-View-Display zwei oder drei
Botschaften übermittelt werden.Fachbeitrag online und als PDF-Download herunterladen
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