Sicherheit der Verteilanlage - ein komplexer Themenkreis
Aus ELVjournal
05/2007
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Heute
die Eigenschaften einer „sicheren Verteilanlage“ zu beschreiben, ist
schwierig bis unmöglich. Zunächst muss man sich einmal klar werden, wie
umfänglich der Begriff Sicherheit zu sehen ist. Man kann zwischen
Sicherheit für Menschen, Gebäude, Installationen und der sicheren
(zuverlässigen) Funktion von Systemen, ihrer gegenseitigen Beeinflussung
usw. unterscheiden. Dabei bemerkt man, wie weitläufig das Thema ist und
wie verschwommen teilweise die Grenzen zwischen
den Bereichen verlaufen. Wir wollen trotzdem versuchen, diese Thematik
unkompliziert zu erläutern.
Stichwort: vernetzte Multimediasysteme
Im
Zeichen immer komplexerer Installationen wird es zunehmend schwieriger,
alle Sicherheitsziele in vollem Umfang und dauerhaft zu erreichen. Die
klassischen Maßnahmen des äußeren und inneren Blitzschutzes „Erdung und
Potentialausgleich“ in einer Empfangsanlage sind heute nach wie vor
unverzichtbar, reichen aber bei weitem nicht aus. Das wahre
Problempotential wird sich erst im multimedialen, intelligenten Haus
offenbaren. Hier sind durch den Betrieb unterschiedlichster vernetzter
Systeme für die Energieversorgung, Unterhaltung, Kommunikation,
Datentechnik, Steuerung, Sicherheit etc. völlig neue Probleme
entstanden. Deren Lösung ist durch Anwendung der bestehenden Normen und
Vorschriften (noch) nicht restlos möglich.Sicherheit: ein trügerischer, gefühlter Zustand
![Bild 1: Tausendmal ist nichts passiert … aber sicher?“ Bild 1: Tausendmal ist nichts passiert … aber sicher?“](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_010.jpg)
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Bild 1: Tausendmal ist nichts passiert … aber sicher?“ |
Wer
glaubt, eine Sache oder ein Verfahren sei sicher, wenn lange genug
nichts passiert ist, erliegt einer subjektiven Täuschung. Abbildung 1
verdeutlicht diese Aussage recht gut. Der schweißende Mechaniker ist
vielleicht schon vielmals unter solch gewagten Stützkonstruktionen
seiner Arbeit nachgegangen. Offensichtlich ist nie etwas dabei passiert,
aber ist seine Vorgehensweise deshalb sicher? Sicher nicht, vielmehr
lauert die Gefahr im Hintergrund und wartet darauf, das subjektive
Sicherheitsgefühl plötzlich und ohne Vorwarnung zu beenden. An der
Wikipedia-Definition „Sicherheit bezeichnet einen Zustand, der frei von
unvertretbaren Risiken der Beeinträchtigung ist oder als gefahrenfrei
angesehen wird“ wird erkennbar, dass eine absolute Sicherheit ohne jedes
Restrisiko nicht herstellbar ist. Aber man kann die bestmögliche
Sicherheit unter Beachtung aller zeitgemäßen anerkannten Regeln der
Technik erzielen.Die Antennenanlage
Das
Empfangs- und Verteilsystem für hochfrequente Rundfunksignale bietet
durch die klassischen Maßnahmen des inneren und äußeren Blitzschutzes
ein hohes Maß an Sicherheit für Leib und Leben des Benutzers und für das
Gebäude, in dem er lebt. Das Thema ist in der VDE 0855, ihrem
Nachfolger, der DIN EN 50083, und jetzt aktuell in der DIN EN 60728-
11:2005 (Kabelnetze für Fernsehsignale, Tonsignale und interaktive
Dienste, Teil 11: Sicherheitsanforderungen) ausführlich behandelt. Die
Norm gilt für Sicherheit von Anlagen und Geräten, des daran arbeitenden
Personals, der angeschlossenen Teilnehmer und Endgeräte. Stichwörter:
Schutz gegen Umgebungseinflüsse, Potentialausgleich und Erdung,
Stromversorgung der Anlage, Schutz gegen Berührung und Annäherung an
Starkstromverteilsysteme, Schutz gegen atmosphärische Überspannungen,
mechanische Festigkeit von Antennenaufbauten. Einen guten Überblick gibt
die Internetseite der DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik
Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE, www.dke.de/NR/rdonlyres/7FFB6827-8A67-4849-9C3E-DBF6CAAFB2C0/16740/NormenderReiheVDE0855.pdf).
![Bild 2: Korrekt blitzschutzgeerdete und potentialausgeglichene Sat-Empfangsanlage Bild 2: Korrekt blitzschutzgeerdete und potentialausgeglichene Sat-Empfangsanlage](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_004.jpg)
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Bild 2: Korrekt blitzschutzgeerdete und potentialausgeglichene Sat-Empfangsanlage |
Wir
wollen es beim Thema Erdung und Potentialausgleich an dem modifizierten
Beispiel 8, einer Sat-Empfangsanlage mit Multischalterverteilung,
belassen (Abbildung 2). Das Wesentliche in Kürze: Kern der Anlage ist
die Potentialausgleichsschiene, die mit der Gebäudeerde und, falls
vorhanden, einer separaten Blitzschutzerde verbunden wird. Den
Antennenmast schließt man über einen Massivleiter mit mindestens 16 mm²
Kupfer oder 25 mm² Eisen auf kürzestem Weg (zweckmäßigerweise
außenliegend) an den Fundamenterder an. Zur Vermeidung von
Potentialunterschieden in der geerdeten Verteilanlage werden die Mäntel
aller Koaxial-Kabel miteinander verbunden (>4 mm² Cu). Dazu verwendet
man am besten Erdungsblöcke. Erdungsklemmschienen, wie sie einige
Hersteller noch im Programm haben, sollten wegen Mikroreflexionen an den
Quetschstellen nicht eingesetzt werden.Ausgleichsströme durch ungeeignete Stromnetzformen
![Bild 3: Netzformen nach VDE 0100 Bild 3: Netzformen nach VDE 0100](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_002.jpg)
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Bild 3: Netzformen nach VDE 0100 |
Um
das Problem richtig darstellen zu können, ist ein kleiner Exkurs in die
Netzformen nach VDE 0100 sinnvoll. Die VDE 0100 unterscheidet im
Hinblick auf die Erdungsverhältnisse von Spannungsquelle und Verbraucher
verschiedene Netzformen und kennzeichnet diese in Form einer
Buchstabengruppierung (Abbildung 3). Der erste Buchstabe kennzeichnet
die Erdungsart des Sternpunkts beim Stromnetzbetreiber, in der Regel in
der Trafostation des EVU (T: Erde [Terra], I: isoliert). Der zweite
Buchstabe beschreibt die Beziehung der berührbaren Teile des
Verbrauchers zur Erde: T: Erde (Terra), N: Neutral (mit Betriebserder
verbunden). Der dritte und vierte Buchstabe kennzeichnen die Art der
Verlegung von Nullleiter (auch Neutralleiter genannt; hellblau) und
Schutzleiter (PE = Protective Earth; grün-gelb) in der Anlage des
Verbrauchers: S: separat (N und PE sind als separate Leiter ausgeführt),
C: combined (N und PE sind in einem Leiter zusammengefasst) Das
TN-C-System ist veraltet (bei Neuinstallationen nicht mehr zulässig),
aber noch häufig im Gebäudebestand anzutreffen. Insbesondere im
Steigleitungsbereich älterer Gebäude finden sich noch oft
TN-C-Strukturen, in den renovierten Wohnungen wurde aber die
TN-S-Netzform verwendet. Das TN-C-System hat einen großen Nachteil: Bei
einer Unterbrechung des PEN-Leiters und defekter Isolation eines
leitenden Gerätegehäuses besteht bei dessen Berührung Lebensgefahr.
Außerdem rufen reguläre Lastströme im PEN zwischen den über die
Schutzleiteranschlüsse geerdeten Verbrauchern Poten tialdifferenzen
hervor, die zu Störspannungen und dadurch hervorgerufene
Ausgleichsströme führen.![Bild 4: Wo der Neutralleiter gleichzeitig als Schutzleiter „missbraucht“ wird, werden hohe Ausgleichsströme provoziert. Bild 4: Wo der Neutralleiter gleichzeitig als Schutzleiter „missbraucht“ wird, werden hohe Ausgleichsströme provoziert.](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_008.jpg)
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Bild 4: Wo der Neutralleiter gleichzeitig als Schutzleiter „missbraucht“ wird, werden hohe Ausgleichsströme provoziert. |
Abbildung
4 illustriert das. Nehmen wir einmal an, die beiden Verbraucher wären
PCs mit TV-Empfangskarten und das Koax-Kabel eine durchgeschleifte
Antennenleitung. Dann ergibt sich der folgende
Ausgleichsstrommechanismus. Der Laststrom von Verbraucher 2 durch den
PEN-Leiter erzeugt an dessen Leitungswiderstand im Abschnitt zu
Verbraucher 1 eine Störspannung UStör, die einen Ausgleichsstrom
IAusgleich über den Schirm eines Koaxial- Kabels zwischen den
Verbrauchern fließen lässt. Dieser Ausgleichsstrom kann zu
Fehlfunktionen beim Empfang führen. Viel gravierender wird das Problem,
wenn ein starker Verbraucher, wie z. B. eine Waschmaschine, den
Spannungsfall zwischen Verbraucher 1 und Verbraucher 2 stark erhöht. Das
Tückische daran ist, dass der dadurch verursachte Ausgleichsstrom nur
zeitweise (bei laufender Waschmaschine) auftritt und die Suche nach der
Fehlerursache erschwert.![Bild 5: Auch Lasten an anderen Phasen verursachen Ausgleichsströme. Bild 5: Auch Lasten an anderen Phasen verursachen Ausgleichsströme.](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_003.jpg)
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Bild 5: Auch Lasten an anderen Phasen verursachen Ausgleichsströme. |
Auch
wenn die Verbraucher an unterschiedlichen Phasen betrieben werden,
kommt es wegen des gemeinsamen Rückleiters (das Wort Neutralleiter wird
absichtlich nicht verwendet) zu Ausgleichsströmen (Abbildung 5). Hier
wird zwischen Verbraucher 1 und der Potentialausgleichsschiene ein im
Wesentlichen durch Verbraucher 2 hervorgerufener Spannungsfall zum
Auslöser des Ausgleichsstroms über den Schirm des Koaxial-Kabels. Wir
sehen an diesem Beispiel, dass ein gemeinsamer Neutral- und Schutzleiter
in der Gebäudeverkabelung absolut unzulässig ist. Beim TN-S-System wird
im Hausanschluss in Neutralleiter und Schutzleiter aufgetrennt. Im
gesamten Verteilsystem darf dann nirgendwo mehr eine Verbindung zwischen
Neutral- und Schutzleiter hergestellt werden!![Bild 6: Wenn von der Trafostation bis zur Gebäudeeinführung mit 4 Leitern (TN-C) und ab hier mit 5 Leitern (TN-S) gefahren wird, spricht man von einem TN-C-S-Netz. Jetzt verursacht der Spannungsfall am Neutralleiter keine Ausgleichsströme mehr. Bild 6: Wenn von der Trafostation bis zur Gebäudeeinführung mit 4 Leitern (TN-C) und ab hier mit 5 Leitern (TN-S) gefahren wird, spricht man von einem TN-C-S-Netz. Jetzt verursacht der Spannungsfall am Neutralleiter keine Ausgleichsströme mehr.](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_005.jpg)
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Bild
6: Wenn von der Trafostation bis zur Gebäudeeinführung mit 4 Leitern
(TN-C) und ab hier mit 5 Leitern (TN-S) gefahren wird, spricht man von
einem TN-C-S-Netz. Jetzt verursacht der Spannungsfall am Neutralleiter
keine Ausgleichsströme mehr. |
Jetzt
verursacht der Rückstrom von Verbraucher 2 zwar am Leitungswiderstand
des Neutralleiter-Abschnitts zu Verbraucher 1 eine Störspannung, nicht
jedoch im Schutzleiter (Abbildung 6). Also fließt auch kein
Ausgleichsstrom über den Schirm eines Koaxial-Kabels zwischen den
Verbrauchern.Rückströme mit Überschwingungen
Im
Idealfall eines symmetrisch belasteten Drehstromsystems mit
oberwellenfreien „sauberen“ Sinusströmen neutralisieren sich diese wegen
ihrer Phasenverschiebung um 120°, wenn sie über den Neutralleiter
(daher der Name) zur Quelle zurückfließen. So weit die Theorie. In der
Realität ist aber zunehmend durch den massenhaften Einsatz von
elektronischen nichtlinearen Verbrauchern wie Phasenan- und
-abschnittssteuerungen, Schaltnetzteilen in PCs, Druckern und Monitoren,
elektronischen Durchlauferhitzern, elektronischen Vorschaltgeräten
(EVG) usw. ein starker Oberwellengehalt in Netzspannung und -strömen zu
verzeichnen.![Bild 7: Die Oberwellen mit ungerader Ordnungszahl addieren sich im Neutralleiter. Besonders gravierend sind die Oberwellen 3. Ordnung. Bild 7: Die Oberwellen mit ungerader Ordnungszahl addieren sich im Neutralleiter. Besonders gravierend sind die Oberwellen 3. Ordnung.](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_007.jpg)
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Bild
7: Die Oberwellen mit ungerader Ordnungszahl addieren sich im
Neutralleiter. Besonders gravierend sind die Oberwellen 3. Ordnung. |
Die
ungeraden Oberwellen, und davon besonders die dritte Oberwelle jeder
Phase (150 Hz), sind besonders störend, da sie sich auch im
symmetrischen Belastungsfall nicht im Neutralleiter kompensieren,
sondern aufaddieren (Abbildung 7). Dadurch kann es bei entsprechend
vielen nichtlinearen Lasten zu einer Überlastung eines Neutralleiters
mit zu geringem Querschnitt kommen.![Bild 8: Nichtlineare Lasten verformen die Sinusschwingungen des Netzes und erzeugen dadurch Oberwellen. (Quelle: Fluke) Bild 8: Nichtlineare Lasten verformen die Sinusschwingungen des Netzes und erzeugen dadurch Oberwellen. (Quelle: Fluke)](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic.jpg)
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Bild 8: Nichtlineare Lasten verformen die Sinusschwingungen des Netzes und erzeugen dadurch Oberwellen. (Quelle: Fluke) |
Abbildung
8 demonstriert anhand eines Oszillogramms (links), wie ein
impulsförmiger Strom die Netzspannung abflacht. Diese Rückwirkung
produziert Spannungsoberwellen. Noch gravierender ist die
Oberwellensituation in diesem Beispiel beim Strom selber (rechts), wo
die dritte Oberwelle stark ausgeprägt ist. In TN-S-Systemen induziert
der Neutralleiter im parallel verlaufenden Schutzleiter durch
unsymmetrische Lastverteilung die harmonischen Schutzleiterspannungen,
die ohne weiteres zu Ausgleichsströmen von 10 bis 20 A führen können.Ableitströme von Schaltnetzteilen
In
jedem Haushalt gibt es heute inzwischen eine Vielzahl von Geräten der
Schutzklasse II. Sie sind verstärkt oder doppelt isoliert und haben
keinen Anschluss an den Schutzleiter. Diese Schutzmaßnahme wird auch
Schutzisolierung genannt. Geräte mit elektrisch leitenden Oberflächen
sind durch eine verstärkte Isolierung vor Kontakt mit spannungsführenden
Teilen geschützt. Typische Vertreter dieser Klasse sind TVGeräte,
Receiver, Videorecorder, CD-Player usw.![Bild 9: Die Y-Kondensatoren zur HF-Entstörung des Schaltnetzteils verursachen Ableitströme auf dem Schirm eines geerdeten Koaxial-Kabels. Bild 9: Die Y-Kondensatoren zur HF-Entstörung des Schaltnetzteils verursachen Ableitströme auf dem Schirm eines geerdeten Koaxial-Kabels.](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_009.jpg)
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Bild
9: Die Y-Kondensatoren zur HF-Entstörung des Schaltnetzteils
verursachen Ableitströme auf dem Schirm eines geerdeten Koaxial-Kabels. |
In
der weit überwiegenden Zahl der Fälle arbeiten diese Geräte mit
Schaltnetzteilen (Abbildung 9), die wegen ihres funktionsbedingt stark
nichtlinearen Lastverhaltens Oberwellen bis in den MHz-Bereich hinein
produzieren. Zur Funkentstörung ist der Mittelpunkt der
Entstörkondensatoren Y mit der Sekundärmasse bzw. dem Chassis des
Empfangsgeräts verbunden. Über die Antennenbuchse ist damit auch der
Schirm des Koaxial-Kabels angeschlossen. Zwischen seinem Schirm und
Nullleiter bzw. Phase steht damit eine (hochohmige) Spannung von 115 V
an. Die bei Berührung durch den Menschen fließenden Ableitströme liegen
weit unterhalb der Loslassschwelle und sind im ungestörten Betrieb
ungefährlich. Nach DIN EN 60065 (VDE 0860) darf ein Grenzwert von 0,7 mA
nicht überschritten werden. Wahrscheinlich hat jeder beim Einstecken
des Antennensteckers schon einmal das auf die Y-Kondensatoren
zurückzuführende „Kribbeln“ gespürt und die kleinen Fünkchen beobachtet.
Zusammengefasst: Die Y-Kondensatoren überbrücken in Erfüllung ihrer
Entstöraufgabe die Betriebsisolierung des Gerätes und verursachen damit
einen Ableitstrom. Aus Sicherheitsgründen müssen sie selbstheilend sein,
dürfen also nicht dauerhaft durchschlagen. Schließlich würden sie dann
eine Verbindung zwischen Phase und den berührbaren Teilen des Geräts, z.
B. der Antennenbuchse, herstellen.Ableitstrom = Fehlerstrom!
![Bild 10: In einer BK-Verteilung wie dieser summieren sich die Ableitströme am geerdeten Abzweiger. Bild 10: In einer BK-Verteilung wie dieser summieren sich die Ableitströme am geerdeten Abzweiger.](Sicherheit%20der%20Verteilanlage%20-%20ein%20komplexer%20Themenkreis%20_%20ELVjournal-Dateien/journal_pic_006.jpg)
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Bild 10: In einer BK-Verteilung wie dieser summieren sich die Ableitströme am geerdeten Abzweiger. |
Abbildung
10 erläutert, wie der Ableitstrom eines Fernsehgerätes seinen Weg über
den Schirm des Empfängeranschlusskabels, die Steckdose und den Schirm
der Koaxial-Verkabelung bis zum geerdeten Abzweiger nimmt, wo er
weitgehend abgeleitet wird. An dieser Stelle summieren sich die
einzelnen Ableitströme. Eine schlechte Erdung kann zu hohen
Berührpotentialen und entsprechend unzulässigen, die Loslassschwelle des
Menschen überschreitenden Körperströmen führen. Wird wegen
Reparaturarbeiten der Kabel-Verstärker ausgetauscht und der
Potentialausgleich entfernt, so besteht ohne Fehlerstromschalter für den
Monteur und für alle BKTeilnehmer eine erhebliche Gefahr eines
Stromschlags. Aber ein anderer Effekt ist ebenfalls zu beachten. Der vom
TV-Gerät abfließende Betriebsstrom ist um den Ableitstrom verringert.
Dies wird vom RCD (Residual Current Protective Device,
Fehlerstromschalter, früher auch FI-Schalter genannt) als Fehlerstrom
gewertet!Der
Betrieb mehrerer derartiger Geräte kann also zum Auslösen des RCDs
führen. Besonders gravierend ist es, wenn durch einen Fehler im TV-Gerät
vom Benutzer berührbare leitfähige Teile (z. B. Antennenbuchse und
Scart-Buchse) gegen Erde unter Spannung stehen. Ist der Kabelanschluss
ordnungsgemäß mit in den Potentialausgleich einbezogen, fließt in diesem
Fall ein Fehlerstrom über den Koaxialschirm. Wird der
Bemessungsdifferenzstrom von z. B. 30 mA überschritten, löst der
RCD-Schalter aus und unterbricht den Fehlerstromkreis. Ist kein RCD
eingebaut, so muss sich ein ebenfalls über den Koaxialmantel fließender
Fehlerstrom von z. B. 80 A (16 A x 5, B-Charakteristik vom
Leitungsschutzschalter) ergeben, damit der Stromkreis unterbrochen wird!
Abgesehen von den geschilderten sicherheitsrelevanten Aspekten kann die
Summe der Ableitströme zu Funktionsstörungen von HF-Geräten führen.
Deren Ursache ist oft schwierig auszumachen, weil es sich meist um vom
Verbraucherverhalten abhängige und schwer vorhersehbare Phänomene
handelt. In der Zukunft wachsende Probleme
Wohnungs-
und gebäudeweite Installationen werden zunehmend Datennetze nach Art
einer strukturierten Verkabelung umfassen. Satellitenreceiver,
Hi-Fi-Anlagen, Netzwerkspeicher und viele andere IP-basierte (Internet
Protocol) Geräte mit RJ45-Ethernet-Buchse stehen heute schon in den
Regalen der Händler. In ihrem massenhaften praktischen Einsatz ist mit
zusätzlichen Problemen zu rechnen. Vagabundierende Ausgleichsströme und
Überspannungen bedrohen die Funktion solcher vernetzter Systeme und
können zur Zerstörung ihrer Schnittstellen führen.Was ist zu tun?
Die
beste Abhilfe wäre ein Verzicht auf nichtlineare Lasten und
Y-Kondensatoren. Weil dies gleichbedeutend mit einem Verzicht auf die
moderne Elektronik mit ihrem hohen Energieeinsparpotential wäre, wird
das wohl niemand ernsthaft wollen. Aber man kann die Stromnetze so
aufbauen, dass sie den Belastungen besser gewachsen sind. Dazu gehören
großzügig dimensionierte Leiterquerschnitte und die Verlegung von fünf
Leitern ab der Trafostation. Nur hier einmal Schutzund Neutralleiter
miteinander verbinden, dahinter nie mehr! In der heutigen
Alltagsrealität kann die Potentialtrennung das Rezept gegen unerwünschte
Ausgleichsströme sein. Durch den Einsatz von Glasfasern als
Übertragungsmedium ist dies ohnehin gewährleistet.Fachbeitrag online und als PDF-Download herunterladen
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- Sicherheit der Verteilanlage - ein komplexer Themenkreis
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